Preveli: wehrhafte Mönche über dem Palmenstrand

Die Preveli-Gegend Brücke, Strand, Klöster

Die Preveli-Gegend: Brücke, Strand, Klöster

Aus der Kourtaliotiko-Schlucht kommend, mündet der Bach „Megalospotamos“ („großer Fluss“) in einen lang gestreckten, schmalen, kristallklaren See, der etwa bei der „venezianischen“ Brücke beginnt, die für sich genommen ein beeindruckendes Bauwerk osmanischer Baukunst ist. Solche steil aufragenden Bogenbrücken sind typische Hinterlassenschaften osmanischer Baukunst, unser Exemplar stammt aus der Zeit des beginnenden 19. Jahrhunderts.

"Venetianische Brücke" unterhalb von kato manastiri prevelis

„Venezianische Brücke“ unterhalb von kato monastiri preveli

Warum die Brücke nicht als das bezeichnet wird, was sie ist, nämlich eine typisch osmanische Brücke, mag daran liegen, dass man – insbesondere in der Nähe der beiden Klosteranlagen, deren Mönche sich gegen die Osmanen auflehnten, keine Relikte der einstigen Unterdrücker dulden möchte. Nationalistische Geschichtsklitterung. Gerade zu Beginn des 19. Jahrhunderts kommt die türkische  Brückenbauweise, einst entlehnt aus der Janitsarenarchitektur, beispielsweise des Sinan, zu einer neuen Blüte.  Die Bogenspannweiten werden größer, die Bogenscheitel geradezu gewagt dünn. Möglicht macht das eine neue Technik, indem man die dünnen, exakt zugesägten Wölbsteine zusätzlich mit schmiedeeisernen Klammern untereinander verbindet. Über den Bogen führt ein schmaler, mit Kantsteinen leicht getreppt ansteigender Pflasterweg, ein so genannter „Galdirim“, der Eseln und Maultieren eine gewisse Trittfestigkeit verschaffen sollte.  Das Wasser unter der Brücke ist kristallklar, eiskalt und in dieser Jahreszeit ziemlich niedrig, man kann bequem hindurchwaten. Auf dem davor liegenden, von blühenden Oleanderbüschen umsäumten Teich ziehen Gänse ihre Runden, und schnattern die ankommenden Besucher um Essbares an. Von hier aus führt eine Schotterpiste durch Buschwerk, Macchien und dösende Schafherden hinunter ans Meer, wo der berühmte Strand von Preveli liegt.
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Das ist die verkleinerte Ausgabe des großen Palmenstrandes von Vai, auch hier haben sich die Palmen natürlich angesiedelt. Sie umsäumen den Verlauf des Baches bis zum Meer hinunter, im Gegensatz zu Vai ist hier nichts abgesperrt, aber der Weg entlang des Baches ist ohnehin von Buschwerk zugewuchert, so dass die meisten Badegäste eben den Schotterweg hinunter nehmen. Unten angelangt, kann man das Auto parken, dann verläuft ein steiler Pfad über die Felsen etwa 600 Meter zum eigentlichen Naturschauspiel, dem Preveli-Stand mit seiner Mündung des Baches. Ähnlich wie Matala und Vai war dies in den 1970er Jahren Hippiereservat, heute ist davon nichts zu spüren, aber der Andrang der Touries aller Nationen ist beträchtlich. Das liegt sicher auch an der parkähnlichen Landschaftsformation, die die Mündung des Baches geschaffen hat: hier ist eine Mini-Nehrung entstanden. Der Bach hat eine kleine Sandbank vor sich hergeschoben, die sozusagen das Preveli- Haff gegen das offene Meer abtrennt. Man kann also abwechselnd im kühlen Süßwasser baden (das bei dieser Wetterlage auch schon ziemlich ansehnlich warm ist), oder eben im Meer, getrennt durch den 20 Meter breiten Sand- und Kiesriegel. Unzählige Menschen tun das, machen Selfies mit dem Handystick im Wasser, ansonsten lagern sie unter den Palmen und Büschen, lassen sich von selbstbewussten Gänsevögeln anschnattern, oder umdrängen den kleinen Erfrischungsstand, dessen Personal bei dem Andrang der Massen etwas überfordert ist. Hunde verscharren ordentlich ihre Häufchen im Sand, und das Personal sammelt hier regelmäßig abgestellte Dosen, Papier und Plastiktüten ein. Die gesamte Kulisse, auch der Geräuschpegel, erinnert stark an ein städtisches Freibad im Hochsommer.

Haff und Nehrung am Strand von Preveli

Haff und Nehrung am Strand von Preveli

Die wehrhaften Mönche von Preveli

Man kann sich nun wieder die Schotterpiste zurück begeben, bis zur Brücke, um dann an der Straße auf der anderen Seite hinauf zu den beiden Klosterteilen Kato Moni Prevelli (unteres Kloster) und Ano (oder piso) Moni Preveli (oberes Kloster) begeben. Unbedingt empfehlenswert !
Die Klosteranlagen gehören zu den wohl bedeutendsten Kretas. Das Kloster wurde möglicherweise schon im 10. oder 11.  Jahrhundert gegründet, wahrscheinlicher ist aber eine Gründung um 1600 n. Ch, also während der venezianischen Herrschaft. Der Name soll auf den Gutsbesitzer namens Prevelis zurückgehen, der sein Vermögen für den Bau des Kloster stiftete. Die Klosteranlage wurde erstmals bei der Einnahme Kretas durch die Osmanen 1649 zerstört, die neuen Herrscher gestatteten jedoch den Wiederaufbau, so dass das Kloster, ausgestattet mit etlichen Privilegien, durch das 17. und 18. Jahrhundert hindurch, sich wirtschaftlich entfalten konnte. Offenbar von den Osmanen unbemerkt – oder sogar geduldet – entwickelte sich hier ein Zentrum griechisch-orthodoxer Identität und Tradition, wie dies auch in vielen anderen geistlichen Zentren inmitten des muslimisch geprägten Umfeldes durchaus an der Tagesordnung war. Die dem Kloster gewährte wirtschaftliche Freiheit führte zu einem erheblichen Wohlstand. Dabei nahm das obere Kloster die Rolle als geistiges Zentrum mit umfangreicher Bibliothek ein, das untere Kloster war für die Betreuung der ausgedehnten landwirtschaftlichen Güter zuständig. In Preveli entfaltete man jedoch nicht  nur christliche Traditionspflege und wirtschaftliche Macht, das Kloster entwickelte sich insgeheim zu einem geistigen Widerstandsnest gegen die türkische Herrschaft. Das sollte ihm dann zunächst nicht gut bekommen. In den Befreiungskriegen ab 1821 kämpften Mönche mit Waffengewalt gegen die Osmanen, in der Folge wurde das untere Kloster durch die Osmanen zerstört, die allerdings das Oberkloster nicht einnehmen konnten. Nach dem raschen Wiederaufbau ereilte das Unterkloster in den Auseinandersetzungen der Jahre  1867-1869 noch einmal ein ähnliches Schicksal. Das Gebäude wurde endgültig Ruine, das obere Kloster konnte dagegen abermals gehalten werden. Von den kriegerischen Auseinandersetzungen zeugen heute in den beiden Museen der Klöster unzählige Waffen und teils Ölbilder von Mönchen, die stolz wie weltliche Feldherren ihre Waffen präsentieren. Auch an weiteren Kämpfen nahm das Kloster aktiv teil, die erst mit der völkerrechtlichen Anerkennung des Anschlusses von Kreta an Griechenland 1913 vorläufig endeten.

Widerstand gegen die Deutsche Nazi-Besatzung im zweiten Weltkrieg

Nach der deutschen Luftinvasion auf Kreta ab dem 20. Mai 1941 und der Besatzung des Flughafens bei Maleme waren die alliierten Truppen der Briten und Australier zur Flucht gezwungen. Man versuchte, auf dem Weg nach Süden das Libysche Meer zu erreichen. Mehrere Klöster, vor allem Preveli, versteckten dabei alliierte Soldaten, denen es nicht mehr gelungen war, die zur Flucht bereitliegende Schiffe zu erreichen. Bis zur Ende der Besatzungszeit organisierten die Mönche zusammen mit kretischen Widerstandskämpfern die Verstecke der alliierten Soldaten, einigen gelang sogar die Flucht mittels U-Boote vom Strand von Preveli aus. An den Widerstand der Mönche gegen die Besatzungszeiten und den Naziterror erinnern heute im Kloster mehrere Gedenktafeln, eine Gedenkstätte sowie mehrere Ausstellungen in oberen und unteren Kloster.

Auch das untere Kloster ist in Teilen wieder aufgebaut, größtenteils aber Ruine geblieben. Das Oberkloster wird heute noch von einigen Mönchen bewohnt.

Die Anlagen sind allesamt sehenswert. Im Unterkloster herrscht eine stille, intime Atmosphäre zwischen den halb aufgebauten Ruinen.

Kato Preveli Kloster

Kato Preveli Kloster

Kato Preveli Kloster Ruinen

Kato Preveli Kloster Ruinen

Die Eintrittspreise gestalten sich unterschiedlich. Ausländer zahlen 2,50 € pro Person. Griechen, und dies ist in fast allen Klöstern aber auch vielen staatlichen Museen ein weit ausgedehnter Begriff, zahlen oft nichts. Fragt man also auf halbwegs passables Griechisch, was der Eintritt kostet, wird man entweder sofort durchgewunken oder gefragt, ob man Grieche sei. Beantwortet man diese Frage ehrlich (also mit nein), wird  mit einer auffordernden Geste erst recht durchgelassen. Diese Praxis stammt aus den 1980er Jahren, ist offiziell längst abgeschafft, hält sich aber in manchen Einrichtungen bis heute hartnäckig.

Cat-Content
In der Abendsonne räkeln sich wunderschöne Katzen, es sind in ihrer Art besonders edel anmutende Geschöpfe. Vorwiegend rötlich, insbesondere die Kater, schlank und ausgesprochen langbeinig. Kein professioneller Züchter würde solche Tiere hervorbringen, wie sie im Umfeld und Schutz  kretischer Klöster gewissermaßen von alleine entstehen. Sie wären die Stars jeder internationalen Katzenausstellung.

Kretische Klosterkatze

Kretische Klosterkatze

Von dem weitaus größeren oberen Kloster aus hat man einen schönen Blick über die Bucht von Preveli und das Libysche Meer.

Ano Preveli Kloster

Ano Preveli Kloster

Altphilologen sei auf einen Brunnen mit einer Inschrift aufmerksam gemacht, die erstmals im 8. Jahrhundert an einem ähnlichen Brunnen in der Aghia Sophia in Konstantinopel aufgetaucht sein soll:
ΝΙΨΟΝ ΑΝΟΜΗΜΑΤΑ ΜΗ ΜΟΝΑΝ ΟΨΙΝ
(Nipson anomimata mi monan opsin)
Aus dem byzantinischen Griechisch übersetzt bedeutet es: „Reinige dich von Deinen Sünden, nicht nur Dein Gesicht“. Das besondere daran: es ist wohl das längste, Sinn ergebende Palindrom der Geschichte: Man kann es sowohl von Hinten als auch von Vorne lesen.

Nipson anomimata min monan opsin

Nipson anomimata min monan opsin

Ein Abend zum Essen im Bergdorf Drimiskos

Schon am Nachmittag Vortags haben wir auf unseren Schotterfahrten durch die Gegend um Preveli einen Ort in einiger Höhe ausgemacht, nur dieser eine Weg führte dorthin, und plötzlich sahen wir uns auf einer typischen, etwas alternativ angehauchten Plateia (Dorfplatz) unter einer gewaltigen, ausgehöhlten Platane wieder. Nach ihr hat der Wirt, der vor einem Jahr aus Athen hierher umgesiedelt ist, sein Lokal genannt (Geroplatanos, alte Platane) . Es roch so herrlich nach Grillzeug, vor allem leckeren Paidakia (Lammkoteletts). Der Wirt fragte, was wir eigentlich ständig mit unseren blöden Tabletts machten (Pflanzen bestimmen), das fand er interessant, und brachte sein Herbarium mit. Wir sollten die Kräuter benennen und dazu deren wundertätige  Wirkung. Ein Opa nebenan wollte unbedingt fotografiert werden, und wir beschlossen, den nächsten Abend hier hoch zu fahren zum Essen. Die Auffahrt gelang noch halbwegs bequem, die nächtliche Abfahrt entlang der unbeleuchteten, steil abfallenden Straßenböschungen ist etwas für Menschen mit Neigung zum Blindflug. Den Laden kann man auf jeden Fall empfehlen, man sollte sich aber für Abends auf jeden Fall warme Pullover mitnehmen – jetzt, Ende August, weht schon mal ein kühler , steifer Wind aus Libyen hier hinauf. Wer hätte das gedacht.

Landschaft von der Straße aus nach Drimiskos gesehen

Landschaft von der Straße aus nach Drimiskos gesehen

Drimiskos

Drimiskos, Plateia, Cafe-Taverna Geroplatanos

Das Herbar von Drimiskos

Das Herbar von Drimiskos

 

Nach- und Ausklänge in Thessalien

Mavrouvouni, am Ende des Sommers 2016, die letzte Septemberhälfte.

Nach der Makedonien-Thrakienreise gibt es keine großen Erzählungen mehr. Ausklänge finden jetzt wieder in Thessalien stat, Larissa, Mavrovouni, irgendwo hier. Ein paar Bilder zum Ausklang…

Auf der Rückfahrt von Thessaloniki in Mavrovouni: ein kleiner Abstecher vor dem Tempi-Tal: hier bildet der Pinios ein sandiges Delta, bevor er im Meer landet.

Besuch bei unseren Freundinnen, den Schwestern des Klosters Joannis Prodromos, auf 1200 Meter Höhe, oberhalb des Dorfes Anatoli, oberhalb von Aghia, im Ossa-Gebirge. Schwestern zeigen uns den Erfolg des letzten Jahres: aufwändig und mit vielen Eigenmitteln wurde die historische Klosterkirche des 16.Jhdt mitsamt ihren Fresken gerade noch vor dem Einsturz gerettet. Meisterhafte Restaurierungsarbeiten.

Hochwassserschutz als Bewässerungsmaßnahme

Auch die thessalische Hochebene weiß, Flutmittel abzugreifen: ein cirka 25 Kilometer langer links- und rechts eingedeichter Kanal soll Hochwasser von den im Winter zu Tal stürzenden Bächen sammeln, vor allem aber vom durch und an Larissa vorbei fließendem Fluß Pinios. Der fließt aber etwa 25 Kilometer weiter weg. . Das Wassser soll in den See „Limni Karla“ sowie andere künstlich angelegter Seen in der Ebene bringen. Die Limni Karla ist einst natürlicher See gewesen, den man in der Antike Βοιβηίς (Voiviis) nannte. Noch Anfangs des 20. Jahrhunderts pflegte man hier Fischfang, die Fischer lebten während der Fangsaison in provisorischen Schilfhütten, die sie am Ufer errichteten.  Um landwirtschaftliche Produktionsflächen zu gewinnen, legte man den See 1962 trocken. Allerdings war der zurückbleibende Boden derart versalzen, dass der erhoffte Gewinn ausblieb. Seit 1988 enstand auf dem Gelände des ausgetrockneten Sees ein neuer, künstlich angelegter Stausee, von geradwinklig verlaufenden Dämmen umgrenzt. Der neue See hat schon wegen seiner geringen Größe nicht viel mit seinem natürlichen Vorgänger zu tun. Das Wasser wird vorwiegend zur Bewässerung der Baumwollfelder gespeichert, und soll auch helfen, den Grundwasserspiegel wieder zu erhöhen (das dann andernorts wieder abgepumpt wird). Von einer wirklichen Renaturierung der historischen Landschaft kann also keine Rede sein, und mehrfach gingen im Sommer Bilder von einem Fisch-Massensterben durch die Zeitungen, weil der See, mangels Wasserzufluss, zu wenig Lebensraum und Sauerstoff bot.  Die EU und die Mitfinanzierer lassen sich den Abschnitt des neuen, eingedeichten Dammkanals, der das Problem dadurch lindern soll, indem weiteres, gelegentliches Hochwasser vom Pinios zugeführt wird, etwa so viel kosten, wie für den Gimritzer Damm veranschlagt wird: 3,6 Millionen Euro. Das sagt jedenfalls das Bauschild.

 

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Schwiegermama hat gekocht: Moschari me Bamnies.

17. September, Larissa

Noch einmal gibt es was zu Feiern, ähnlich wie zu Beginn unserer Reise, zu ähnlichem Anlaß. Wir begeben uns daher in Larissa, in der Innenstadt, wo wir für 9 Personen vorbestellt haben, und zwar in der Psitopoleio ( Grillrestaurant) Adamos. Es ist der erste und traditionellste Laden seiner Art am Platze. Da einem Leser diesesr Berichte die fotografische Darstellung des Kokoretsi von Samothrake nicht sagte, möchte ich oier bessere Darstellungen abgeben. Die Kokortetsia bei Adamos sind aus Lamminnereien, etwas eine Idee und noch besser gewürzt als die in Samothraki. In ihrer Anatomie (innen Leber, andere Innereien, umwickelt mit Darmschnüren)  aber vergleichbar. Der Tisch in der Fußgängerzone vor dem Lokal ist weiß gedeckt, in den eloxierten Kannen darauf gibt es Weißwein, und an sonsten Gegrilltes, jede Menge Unterhaltung, über die Krise, Herrn Schäuble, Frau Merkel, die EU und überhaupt.

 

18. September, überall in Mavrovouni 

Und endlich sind die Kastanien reif, öffnen bereitwillig ihre stacheligen Kapseln . Wir pflücken sie, einige nehmen wir mit nach Hause. Es sind typische Herbstboten, sie lassen uns wissen: lang ist unser Bleiben hier leider nicht mehr. „Kalo Chimona“, einen schönen Winter, scheinen sie uns zuzuflüstern. .

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Die „Kastana“ (Maronen) werden reif.

Keimsprossen für Zickenbabies, Samentausch und Safran.

Wie die Zeit vergeht. Wir erleben nun schon die sechste All-Thessalische Samentauschbörse.  Wie letztes Jahr, wie vorletztes Jahr. Wieder organisiert von den „Energi polites Larissas“, der Organisation PELETI, und natürlich, mittlerweile fest eingebunden, dem Nonnenkloster Agios Joannis Prodromas. Schwester Theoniki haben wir dieses Jahr nicht getroffen, sie weilt noch in Estland, wo eine weitere Niederlassung des Ordens gegründet wurde.

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Orthodoxes und alternatives Publikum: eine interessante Melange.

Die Veranstaltung kann sich vor dem Besucheransturm kaum retten. Alle Waldwege um das abgelegene Kloster sind beidseitig zugeparkt. Schon im sechsten Jahr tauscht man immer noch Saatgut aus dem heimischen Gartenanbau, um Konzerne wie Monsanto in die Knie zu zwingen. Jedesmal nehme ich von hier Samen mit,  ich bringe zuweilen aus halleschem Anbau etwas mit. Einer unserer Freunde hat letztes Jahr schon Gimritzer Kürbisse in halb Thessaliien verteilt (eine tatsächliche eigene Sorte, auf die selbst Monsanto stolz wäre) und dieses Jahr durfte ich die Früchte in etlichen thessalischen Hausgärten bewundern. (Sie stehen nun vor dem Problem einer gewaltigen Ernte – zwar macht man hier nicht nur Kürbissuppe, sondern auch Kolokithopites, man überbäckt auch Kürbisblüten in Bierteig pp), aber ich fürchte, dass bald niemand mehr Kürbis sehen kann – wie auch um die Halloweenzeit bei uns, wo man dem Horror tausender Einladungen zu Kürbissuppen kaum entrinnen kann).

Bevor nun die „Börse“ eröffnet wird, bei der es so zu geht, wie überall auf der Welt, wenn es etwas umsonst gib, gibt es erst einmal eine Ansammlung Reden, Ansprachen usw.

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Ein Vortrag über Safran

Interessant dabei war auf jeden Fall der Vortrag eines pensionierten Lehrers, der eine Initiative anführt, die in Thessalien Schulgärten aufbaut. Das Projekt ist anspruchsvoll, denn die Schulen haben (wie in Halle) kein Geld, kein Personal, und  es fehlt den Kindern einfaches Grundwissen, was die Herkunft der Lebensmittel betrifft. In den Schulgärten zeigt man den Kindern nicht nur, wie Kichererbsen, Auberginen und Okraschoten wachsen. Sondern es werden traditionelle Raritäten wieder eingeführt. Seine besondere Liebe gehört dem Schulgärtner aber dem teuersten Gewürz der Welt:  Safran. Lange war der Anbau in Griechenland in Vergessenheit geraten, bis vor einigen Jahren in den Dörfern um das nordgriechische Kozani eine Kooperative entstand, die den Safrananbau wiederbelebte. Mittlerweile wird auf ca. 300 Hektar Boden um Kozani Safran gepflanzt. Unter der mittlerweile anerkannten Herkunftsbezeichnung „krokos kosanis“ wird es vertrieben. Die Pflanze, die den „Krokos“, also den Safran liefert, ist tatsächlich ein Krokus. Nicht ein solcher, wie wir ihn aus unseren Vorgarten kennen.

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Blühender Safrankrokos, schon teilbeerntet: ein Griffel fehlt schon)

Endemisch, also „Einheimisch“ ist der Safrankrokus auf Kreta, von dort verbreitete er sich ausschließlich durch Menschenhand, seit der Bronzezeit. Nur Menschen können den Krokus vermehren und verbreiten. Denn unser Krokus ist gewissermaßen kastriert, zu einer weiträumigen Verbreitung über Samen nicht fähig. Er ist triploid, hat also einen ungeraden Chromosomensatz, was das Ergebnis einer zufälligen Mutation aus einem wilden Herbstcrocus (C. cartwrightianus) ist. Deshalb ist er unfruchtbar. Und so reckt er (oder eher sie) ewig unerfüllt seine die riesigen, übergroßen weiblichen Stempel aus der Blüte, in der Hoffnung dass doch etwas passiert. Die Kreter werden sich dann um die Vermehrung des herrlichen Gewürzes gekümmert haben. Denn vegetativ, also über die sich immer wieder teilenden Knollen, kann Safran noch vermehrt werden. Über Kreta verbreitete sich das Gewürz im Mittelmeerraum, in Kleinasien (im Iran liegt heute das bedeutendste Anbaugebiet), sogar bis in die Schweiz, und in die Niederlande. Chemische Qualitätskontrollen zeigen immer wieder, dass der Safran aus Kozani Spitzenqualität hat: der Gehalt an Crocetin (Farbstoff) und Safranal (Aroma) liegt um einiges höher als die Durchschnittsqualität des Weltmarktes.  Die Ernte um Kozani reicht aber  nicht einmal aus, um den europäischen Bedarf zu decken, denn mehr als ca. 300 Kilo werden auf der gesamten Anbaufläche nicht erzeugt. Teuer ist der Safran aber nicht nur wegen des geringen Flächenertrags, sondern der mühsamen Erntemethode. Nur die Griffel der Blüten sind das Gewürz, sie werden einzeln von Hand aus der Blüte gezupft und sofort schonend getrocknet. Dafür gibt es keine Maschinen. Andererseits: nur wenige Milligramm verleihen dem Gericht (beispielsweise einem Risotto,) nicht nur die gelbe Farbe („Safran macht den Kuchen gel“), sondern einen honigartigen, blütigen Duft.

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Safranknollen aus Kozani, wie wir sie auf der Börse bekommen haben, und bald in Halleschen Boden versenkt werden

Bei den Vorträgen der übrigen Redner geht es aber nicht nur um die Errthaltung einheimischer Gartenpflanzen.  Die Veranstaltung erinnert an eine leicht esoterisch durchsetzten Kongress rings um den alternativen Landbau. Die üblichen verdächtigen Themen („Monsanto“, „Gefahren der Gentechnologie“, „Weltweite Monopolisierung der Natur durch Saatgutpatente“) dürfen natürlich nicht fehlen. Skurill wird aber der Auftritt eines Vertreters der türkischen Firma „Agritom“.

Die Firma hat eine Maschine entwickelt, die jederzeit  „kostengünstiges“, und „besonders proteinreiches“ Grünfutter für Schafe, Ziegen und Rinder produziert. Eine containergroße Maschine produziert Jährlich 150-200 Tonnen Grünfutter. Es werden Bilder gezeigt, wie sich Bioziegen auf die saftig grünen Futterpakete stürzen, während sie das Trockenfutter liegen lassen. „Ihre Tiere werden nie wieder etwas anderes fressen wollen“, sagt der Handelsmann. Man spare Platz, und sei unabhängig von den Jahreszeiten. Was Tiere überzeugt, leuchtet dem mehrheitlich gläubig zuhörenden Publikum natürlich auch ein. Den Nonnen hat er ein kleines, kühlschrankgroßes Gerät zur Vorführung in den Stall gestellt. Ein magisch violettes Leuchten dringt aus der Anlage. Doch so magisch ist das System eigentlich nicht, nur auf die Dauer etwas teuer, wegen des enormen Stromverbrauchs. Es ist nämlich eigentlich nichts anderes, als die Großversion jener Indoor-Growschränke, mit denen Freunde spezieller „Grassorten“ ihren Bedarf decken. In den Agritomkisten werden allerdings nicht Cannabispflanzen groß gezogen (wäre ja eine Idee :  „die Tiere werden nichts anderes mehr fressen wollen“), sondern Keimsprossen aus Getreide angezogen. Das geht schnell, dank des violetten Kunstlichts, das trotz der LED- Technik ein Vermögen an Strom frißt. Angeblich reichen 1200 Watt, um im Dauerbetrieb 150-200 Tonnen (!) grüne Sprossen zu ziehen. Nu ja, wers glaubt….

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Sie würden auch lieber die leckeren Keimsprossen aus dem „Agritom“-Container fressen, als an dem öden Gestrüpp der Berghänge des Ossa kauen.

Ob die Nonnen sich ein derartiges Gerät aufschwatzen lassen, war nicht in Erfahrung zu bringen. Die Äbtissin, mit der  wir uns längere Zeit unterhielten, und die mit einen großen ökonomischen Sachverstand gesegnet schien, wirkte eher skeptisch. Aber den klösterlichen Ziegen hat es geschmeckt. Und die verwöhnten Ziegen stehen ja nicht am Ende der Nahrungskette. Für die ökonomisch nüchtern denkenden Klosterfrauen ist es selbstverständlich, dass die Tiere geschlachtet und genossen werden. Am schmackhaftesten ist natürlich das zarte Fleisch der Milchzicklein, das man hier – als Frischware im gut sortierten Bio-Klosterladen, kaufen kann. Milchzicklein sind Tiere, die bis zur Schlachtung noch an den Zitzen ihrer Mutter hingen. Ihr Schlachtgewicht liegt dann so bei 7- max 10 kg, größer sind sie nie. Da man so etwas in Deutschland praktisch nie bekommt, greifen wir zu.

Die Zickleinschenkel  kommen abends mit Gemüse, Öl, Zitrone, Knofi und Kräutern  in den Ofen, ganz einfach – und es ist in der Tat ein Gedicht. Rezept: s. die folgenden Bilder.

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Katziki Galaktos, Bouti: Schenke von der Milchzicke.

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Kartoffel, Gemüse (Paprika, Tomaten, was halt da ist), etwas scharfe „Piperies“ (halbscharfe, grüne Paprika), Knoblauch, Tomaten (pellen, kleinmatschen) .

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Die Keule etwa eine halbe Stunde im Ofen mit Öl bei großer Hitze vorgrillen. Etwas einschneiden. Dann das Gemüse zugeben, Zitronensaft, und Weißwein (besonders reichlich) zusetzen, salzen, und ab in den Ofen.

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Nach etwa einer Stunde bei ca. 180 Grad nachwürzen: Lorbeer, Fenchelkraut, Thymian, Oregano, Kreuzkümmel, 5-10 leicht zerstoßene Körner Piment. Dann wieder ab in den Ofen, ein Stunde weiter ziehen lassen.

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Das Foto ist, zugegebenermaßen, nicht so toll. Aber das Fleisch und die Soße schmecken himmlisch.