Ausklang mit Katze

15.09 2013

Auffahrt auf ins Ossa – Gebirge und Besuch im Koster

Eine der Nonnen, die wir auf der Samenbörse in Dimitra kennen lernten, hat uns

zum Besuch des Nonnenklosters St.Johannes des Täufers (Ajos Joannis Prodromos) eingeladen. Also fahren wir den steilen Weg von Dimitra hinauf nach Argostoli. Die Straße, die veilfältige Ausblickmöglichkeiten bietet, ist besonders im Herbst auch für andere Verkehrsteilnehmer gefährlich: Landschildkröten. Dieses Jahr begegneten wir keiner, doch vor einigen Jahren noch war die Strasse voll von Ihnen – teils heftig im Paarungsakt vertieft.

Oberhalb von Anatoli – (dem Ort, wo es die besten Pommes  gibt – ich berichtete schon einmal ) weist ein Wegweiser zum Kloster hinauf. Man öffnet man uns nach zaghaftem Läuten an der Glocke, wir werden zunächst aufgefordert, in der Klosterkirche ein Gebet zu verrichten. Dann wird „unsere“ Schwester gerufen. Sie stammt aus Deutschland, hatte sich zunächst, – dies hier auszuführen, würde zu weit führen – dem überkonfessionellen Teze-Bewegung verschrieben, bis sie in Kontakt mit orthodoxen Nonnen kam, ihre Arbeit in Deutschland kündigte und fortan in Griechenland im Kloster lebt. Das Kloster selbst ist neu. Zwar befand sich an dieser Stelle schon im 16. Jahrhundert ein Kloster, dessen Kirche mittlerweile nur noch eine bedauerliche Ruine ist. Mönche vom Athos starteten in den 1980er Jahren einen ersten Anlauf, hier ein neues Kloster zu errichten, der Bau kam aber zum Erliegen, und verfiel als Bauruine in der Folgezeit dahin..Die 16 Nonnen der international zusammengesetzten Klostergemeinschaft setzten Anfang der 2000er Jahre schrittweise – hauptsächlich aus eigener Hände Kraft – die angefangene Ruine in Stand, Zelle für Zelle.  So ganz fertig sei man immer noch nicht, erfahren wir von unserer Schwester. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die geschmackvoll eingerichteten Besucher- und Versammlungsräume öffnen sich in die weite grüne Landschaft, weit unten ist schemenhaft die Stadt Larissa zu sehen. Man könne von Larissa aus auch das Kloster sehen, erzählt die Nonne. Es sei das einzige Licht hier oben am Berg Kisssavos. Neben dem Kloster hier oben in Anatoli gibt es mittlerweile noch eine weitere Baustelle: ein Kloster in Estland, auf dem gerade 4 Nonnen werkeln. Die Gemeinschaft tauscht sich hin und wieder aus – es gibt keine feste Besetzung zwischen dem Stammkoster Laurion bei Athen, hier oben bei Anatoli und in Estland. Wie in einem Pfalzverbund wirken die Nonnen da, wo gerade der größte Bedarf ist. Nächstes Jahr soll es auch Whisky geben – eine der Schwestern hat die Schnapsbrennerei zu ihrem „Hobby“ ausgebaut und will sich nun an komplizierteren Bränden als nur Tsipouro versuchen.

Wenn wir schon einmal so weit oben auf dem Berge Ossa (=Kissavos) sind, wollen wir die Gelegenheit noch wahrnehmen, auch noch dem Wegweiser zum Berggipfel zu folgen. Die Straße besteht aus trockenem Lehm und teils großen Gesteinsbrocken, aber mit etwas Mühen und Mut gelangen wir doch zum vermeintlichen Gipfel, hinter dem allerdings, kurz bevor man oben ist, noch ein höherer in der Ferne erhebt. Die Straße führt auch bis dort hinauf, weil sich oben eine Funkstation befindet -. Wir lassen das lieber, denn die Vorstellung, ohne Benzin und funktionierendem Handy hier oben hängen zu bleiben, ist nicht angenehm. Auf dem Gipfel Nr. 2 läßt es sich auch aushalten, Fernsicht fast rundrum, von Ägäis bis über Larissa zum Pindos hinweg liegt alles da. Hier oben wachsen Wachholderbeeren, die wir noch als Reisemitbringsel ernten.

An dieser Stelle mache ich einen jähen Punkt. Gestern, einen Tag vor der Abreise, ist uns ein kleiner verhungerter Kater zugelaufen. Nachdem wir ihn mit reichlich Fisch aufgepäppelt haben, hat er uns klargemacht, dass er mit nach Halle möchte. Die Tierärztin in Larissa wird sich des Falles annehmen, impfen, Dokumente ausstellen, chippen. Bei der Lufthansa ist er schon als Passagier registriert.

Tiberius von Aghiokampos.

Das ist auch der Grund, warum die letzten beiden Artikel (noch) keine Bilder haben. Er hat es geschafft, mit irgendeiner Vierpfotenkombination das W-LAN des Rechners auszuschalten.  

27.August 2013. Wieder daheim in Thessalien. Fahren auf Sicht.. Athen-Larissa-Platycampos-Aghiocampos.

Sonntagabend. Unten liegen die Lichter von Piräus, die sich bald hoch oben im Fenster sehen lassen, wandern, nach unten schieben, wie ein Bildschirmschoner. Dazwischen als feste Größe das beleuchtete Triebwerk der Maschine aus München. Das Flugzeug legt sich mächtig in die Kurven beim Sinkflug, dann sind bereits die Berge von Athen in Augenhöhe, der hell erleuchtete Likabetos-Hügel.

Innerhalb der Großzone von Athen verlangen die Taxifahrer einen Festpreis von 35,- € vom Flughafen. Das ist angemessen, denn der Weg nach Kifisia ist weit, und erspart den sorgenvollen Blick auf Taxameter und Reiseroute.

Im Vorgarten freuen sich die Hunde auf uns, das Haus ist menschenleer und heiß. Am nächsten morgen empfängt uns aber die brüllende Hitze erst recht. Im immer noch für griechische Verhältnisse exklusiven Kifisia die üblichen Rituale: Internetrubbelkarten besorgen. Einen Frappe und überteuerten Käseschinkentoast zum Frühstück. Das immerhin schon knappe 25 Jahre alte Auto, mit dem wir seit Jahrzehnten in Griechenland unterwegs sind, von Staub befreien. Immerhin geht noch ein Türschloß, TÜV, ASU usw. bzw. dessen Entsprechungen sind auch da.

Bis zum Autobahnanschluß bei Aghios Stefanos quält man sich durch endlos lange Vorortstrassen. Dann Autobahn, Richtung Larissa.

Ethniki Odos – Die Autobahn zwischen Athen und Larissa, hier bei den Thermopylen.

Gute 380 Kilometer lang ist die Strecke, einst bislang habe ich sie nicht gemocht. Weil verstopft mit rabiat fahrenden LKW, und einer Unmenge teils schicker, allradgetriebener Geländewagenhybriden und Kampflimousinen, mit den sich Fahrer aller Klassen wilde Wettrennen veranstalten, da wurde gedrängelt und gerast, was das Zeug hielt. Dieses mal ist alles anders, obwohl eigentlich Montags eigentlich alle Welt auf den Beinen sein müsste.

Doch die Strasse ist mittlerweile schon kurz hinter Athen ruhig. Angenehm. Die wenigen PKW fahren an die 120; die LKW, die einst Produkte der vielen Kleinindustrien aus dem Umfeld Athens in die eine Richtung, und importierte Konsumgüter in die andere Richtung transportierten, sind wie von Geisterhand – nun ja, nicht verschwunden, aber eben doch selten geworden.

Nachdem wir bereits auf halber Strecke über 10 Euro an die Mautstationen abgedrückt haben- am Ende der Fahrt waren es knapp 20, letztes Jahr für die selbe Strecke ca. 7 €), und nach dem ersten Tanken (1,70 pro Liter normal) stieg Gewissheit auf: die so angenehm leere Strasse ist das gespenstische Anzeichen eines Desasters, das die griechische Wirtschaft zum Erliegen gebracht  und in die Depression hat verfallen lassen.

Wer überhaupt noch Arbeit hat in Griechenland, musste erhebliche Lohneinbußen hinnehmen bei teils horrende gestiegenen Preisen für allgemeine Lebenshaltungskosten. Für viele Pendler lohnt sich nicht einmal mehr der Weg zu Arbeit. Es gibt kaum noch Industriegüter, die zu transportieren sind. Sicher gut für die Umwelt, für die Menschen schlichtweg eine Katastrophe. Als wir abends bei Freunden in Platykampus im Garten sitzen, und die Neuigkeiten des letzten Jahres austauschen, kam schon einiges zur Sprache. Neben der mittlerweile ohnehin ins Elend gestoßenen Unterschicht trifft es nun die Mittelschicht. Besteuert wird alles, was von Wert, nützlich ist und keine Beine hat: Nicht Kapital, sondern beispielsweise Kleinimmobilien. Eigentumswohnungen, mangels gesetzlicher Sozial- und Altersvorsorge die einzige sinnvolle Absicherung, fallen dem Fiskus zum Opfer. Wer die Steuern nicht zahlen kann, dem wird der Strom abgestellt. Nicht jeder Grieche konnte und kann sein Vermögen ins Ausland transferieren oder anderweitig verschleiern. Wer es konnte, hat es längst getan. Steckt ein geheimer, großer Plan dahinter, oder ist es konzeptionsloses „Fahren auf Sicht“, wie Schäuble den Kurs der Griechenlandpolitik beschreibt? Welches Ungeheuer lauert hinter der nächsten Kurve?

Melonen im Garten der Freunde

Bei Melonen aus dem eigenen Garten und allerlei selbst zu bereiteter Mesedes gehen die Gespräche nicht anders zu, als überall auf der Welt: es werden Ratschläge zur Kunst des Gartenwesens ausgetauscht, heiße Tips zu allerlei Pflanzenkrankheiten und den besten aktuellen Mittelchen ausgetauscht,

Aliette von Bayer hilft systemisch gegen Pilze. Weltweit.

„Bayer“ hat noch immer einen guten Ruf, Monsanto weniger, obwohl das Unkrautvernichtungsmittel „Roundup“ für viele ein unverzichtbares Werkzeug ist – was man angesichts der Trockenheit im Hochsommer kaum glauben mag. Von Roundup kommen wir auf die verbrecherische Politik der Weltkonzerne, Gentechnik – das übliche Allerlei, wenn sich Kleingärtner unterhalten.

Mesedes, bzw. was davon noch übrig ist…

Wir werden verabschiedet mit den Worten: „Seid bitte vorsichtig, auf der Strasse nach Aghiocampos“, wohin wir die letzten Kilometer in der Dunkelheit aufbrechen. Die Warnung nicht unberechtigt: In den sonst nur von Sommerfrischlern befahrenen, engen Serpentinen durch die Berge von Mavrovouni kommen uns in der Dunkelheit gewaltige Lastzüge entgegen, wir können den weit auf die Gegenfahrbahn ausschwenkenden Monstern gerade noch durch Flucht in den Seitenstreifen ausweichen. Überwiegend bulgarische und türkische Lastwagen schleichen wie auf Ho-Chi-Minh-Pfaden durch das Land. Sie ersparen sich so die Mautgebühren. Die längeren Fahrzeiten schlagen angesichts des Lohndumpings nicht wesentlich zu Buche; den billigeren Diesel haben sie im Heimatland eingekauft und davon ausreichend an Bord. Dies mag Herrn Seehofer zur Mahnung gereichen. Der sonst laute Ferienort Aghiocampos ist ruhig – die Taverne Lideris hat guten Fisch, kaum besucht – was wohl weniger der Krise geschuldet ist, sondern dem allgemeinen Ende der Ferienzeit in Griechenland.  Für uns beginnt sie erst – ganze vier Wochen lang.

Wir haben dieses Mal keinen Plan. Wir fahren „auf Sicht“.

Jetzt erstmal wieder: auf den Pilion.