Gemüse aus der Gischt der Meeresbrandung mit einem Hauch von Petroleum.

21.08.2012, Aghiocampos

Eines der wenigen größeren Fischerboote, die den Hafen von Aghiocampus nutzen.

Der Hund lebt gesund: er frißt die Reste einer „Kakavia“, einer Fischsuppe, die die Fischer morgens aus kleinen Fischen und Meeresfrüchten zubereiten.

Am südlichen Ende des Ortes Aghiocampos befindet sich eine Hafenanlage für Sport- und kleinere Fischerboote. Er wurde mit EU-Mitteln in den letzten Jahren nicht unbeträchtlich ausgebaut und erweitert, die Kapazitäten wirken für die wenigen Boote, die hier liegen, ziemlich überdimensioniert.

Die Felsen hinter dem Hafen.

In weiter südlicher Richtung reichen die Berge von Mavrovouni bis ans Wassser heran, zwischen den schroffen Felsbrocken kann man am Wasser entlang herumklettern. Dort, wo bei starker Brandung das Salzwasser bis auf die Felsen spritzt, und in der Sonne in den kleine Näpfchen Salzkrusten zurück läßt, wächst eine eigenartige Pflanze. Sie nennt sich „Kritamo“, zu deutsch „Meerfenchel“, botanisch crithmum maritinum.

Kritamo, Meerfenchel (crithmum maritimum)

Schon im Altertum waren die sukkulenten, dickfleischigen Blätter als Gemüse begehrt. Die ganze Pflanze riecht eigenartig würzig, die Blätter haben einen intensiven Geschmack, der sich irgendwie mit anisartig und einem Hauch von Petroleum beschreiben läßt. Im Mittelalter nahmen Seefahrer die in Salz oder Wein eingelegten Blätter als Vitaminvorrat mit auf Reisen, und heute noch werden Kritama als würzende Zutat Salaten beigegeben. Oder als würziges Gemüse, als Beilage oder Meses, verzehrt. Einen dicken Büschel der Pflanze einzusammeln, ist nicht immer einfach, man muss schon an entlegenen Stellen herumklettern, denn die Pflanze ist begehrt, und viele Restaurantbesitzer lassen das Kraut einsammeln.

Meerfenchel an seinem typischen Standort.

Wirklich gefährdet scheint die Art jedoch nicht zu sein, die Pflanze ist im gesamten Mittelmeergebiet und auch an der Atlantikküste bis hin zur Normandie verbreitet. Die zahllosen Samen des Doldenblüters verbreiten sich schwimmend auf dem Wasser, und wo sie von der Brandung wieder an Land geworfen werden, keimen sie wieder aus.
Auch roh kann man die Blättchen verzehren: dann schmecken sie sehr salzig. Zur Zubereitung verwenden wir die abgetrennten, jungen Triebe mit den Blättchen, es empfiehlt sich, mindestens zwei mal das Wasser beim Abkochen zu wechseln, weil das Aroma sonst zu  intensiv und die „Petroleumnote“ zu stark wird. Beim Kochen gibt die Pflanze einen Teil des ätherischen Öles ab, das dann wie „Fettaugen“ auf dem Wasser schwimmt. Nach insgesamt etwa einer halben Stunde Garzeit wird das Wasser abgegossen, etwas Essig oder Zitrone darüber gegeben, etwas nachgesalzen, mit etwas Knoblauch gewürzt und reichlich Olivenöl übergossen. Die "Fettaugen" auf dem Kochwasser sind kein Petroleum, sondern ätherische Öle.Man serviert kalt. Im Prinzip ist die Zubereitung nicht anders, als eine einer Vielzahl von Gemüsen, die ähnlich blanchiert als Meses oder „Salat“ gegessen werden. Der Biß ist angenehm, und von dem „Petroleumaroma“ darf man sich nicht abschrecken lassen. Es stammt garantiert nicht vom Altöl irgendwelcher Tankschiffe, sondern von den reichhaltigen ätherischen Ölen, die die dickfleischige, saftige Pflanze als Abwehr von Fraßfeinden im Laufe der Evolution entwickelt hat. Gegen zweibeinige Schädlinge schützen sie aber offenbar weniger.

 

 

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