Wenn die Technik streikt

In letzter Zeit sind die Berichte etwas rar geworden. Das hat Ursachen. Dieses Gefühl, du sitzt abends bei einem Bier auf der Terrasse, das Meer rauscht, sortierst Fotos, willst etwas schreiben, kurz durch das Netz surfen, und dann das: Windows 10 beschließt, ohne meine Erlaubnis – ein Update zu machen. Einfach so. Du starrst auf einen Himmelblauen Bildschirm, auf dem sich ein paar Kullern im Kreise drehen. „Dies kann eine Zeit dauern“, meldet die Firma von Bill Gates. Ok, ist jetzt nervig.  Aber immerhin wird ja der Fortschritt in Prozenten angezeigt. Allerdings verlangsamt der sich, bleibt nach zwei Stunden stehen, bei 27% hört der Fortschritt auf. Ende, aus, nichts; nachts um Elf. Um Mitternacht: 27% Fortschritt. „Schalten Sie den Computer nicht aus“. Googeln mit dem Handy. Tausend Ratschläge, die reihen von: einfach bis zu 24 Stunden warten, bloß nicht ausschalten, usw. Oder Kaltstart versuchen. Nach einer Stunde: Es reicht: Ausschalttaste gaanz lange gedrückt, voller Wut.  Kurzerhand den Laptop ins Meer schmeißen? Keine Option, wg.  Plastikmüll.  Jetzt ist der Bildschirm schwarz, wie die Nacht über dem rauschenden Meer. Ein Zeichen? „Vorgenommene Änderungen werden rückgängig gemacht“, schreibt eine Engelshand auf den schwarzen Bildschirm. Ab ins Bett. Am nächsten Tag ist wieder alles OK. Ein Wunder.

Voller Freude beschließen wir, einen Ausflug in die Umgebung zu machen. In Kanalia, wo wir den See und seine Geschichte noch einmal genauer untersuchen wollen, stottert der Motor des alten Toyota. Die Zündung ist ausgefallen, der Strom geht weg. An diesem verlassenen Ort gibt es praktisch nichts, was uns weiterhelfen kann, die Akuladung des Handys steht auf halb ….

In Kastri ist an einem Sonntag morgen nicht wirklich viel los.

In Kastri ist an einem Sonntag morgen nicht wirklich viel los.

Kann alles nicht wahr sein. Schlechter Traum? Nochmal Schlüssel rumdrehen. Die Karre springt an. Vielleicht hätten wir das kleine Ausrufezeichen und das Batteriesymbol, das schon eine Zeit lang leuchtete, etwas ernster nehmen sollen. Aber OK, vielleicht schaffen wir es bis in den nächsten größeren Ort, Agia, das ist ja nur 20 km entfernt. Nach 5 Kilometern: Ende der Fahnenstange. Der Motor stottert wieder, aus. In der Ferne geht langsam die Sonne über der wunderschönen Ebene und den dahinter sich schattenhaft abzeichnenden Bergen unter. Das sind Situationen in der realen Welt, in denen man nicht einfach auf die Reset-Taste drücken kann. Noch ein Versuch, und wir schaffen es immerhin bis nach Kalamaki. Auch hier nichts, was wirklich nach Hilfe aussieht.  Wir versuchen, den griechischen ADAC anzurufen. Die Zentrale des „Express-Service“ in Larissa meldet sich. Man bietet Abschleppen nach Larissa an, drei Stunden sollen wir warten, mit ca. 200 Euro Kosten müsse man rechnen. Keine wirklich gute Option. Anruf bei unseren Freunden. „Ich komme vorbei“, verspricht unser Freund. Nach einer halben Stunde ist er aus Platikampos, einem Vorort von Larissa, tatsächlich in Kalamaki. In der Zwischenzeit haben wir uns auch an den hier ansässigen Tankstellenbesitzer gewandt. Er ist hilfsbereit, ruft wiederum einen befreundeten Elektriker an, aber an dem Wochenende ist er ausgeflogen.  Mittlerweile ist es fast dämmrig, unser Freund kommt, er hat Starthilfekabel dabei. Er vermutet eine Schaden an der Lichtmaschine (was sich später als richtig erweisen sollte). Er lädt die Batterie ein wenig auf in Erwartung, dass wir vielleicht so zurück in die Zivilisation kommen. Nach etwa 2-3 Kilometern wieder Ausfall, wieder aufladen, und so hoppeln wir in Kolonne von einem Dorf ins nächste.  Unser lieber Freund ist derweil nicht untätig, ruft seinerseits Bekannte an, irgendwann findet er einen KFZ-Mechaniker aus Galini – er rät uns, die Karre am nächsten Ort (es ist Kastri, ein gottverlassenes Nest unterhalb der Resten einer byzantinischen Burg) stehen zu lassen. Unsere Freunde nehmen uns mit. Am nächsten Tag fahren wir wieder hinaus nach Kastri, wo nach einiger Zeit auch der KFZ-Mechaniker kommt. Ein junger Mann , zupackend, hilfsbereit. Mittels einer mitgebrachten neuen Batterie schaffen wir es bis zu seiner Werkstatt in Galini. Den gesamten Tag (wohlgemerkt Sonntag) wie auch den Tag drauf bemüht er sich um die Lichtmaschine, baut sie auseinender, recherchiert Ersatzteile, schraubt und kümmert sich. Dann die Nachricht: alles fertig.  Übrigens zu einem Preis, der beschämend niedrig ist, für die unglaubliche Arbeit, die der Mensch sich gemacht hat. Für uns, die er allenfalls über zehn Ecken herum kennt. Dabei braucht er sich keinesfalls über eine schlechte Auftragslage zu beklagen: seine Kunden sind vorwiegend Landwirte, deren Landmaschinen und „Agrotika“ (meistens auch alte Toyota-Pickups) gerade jetzt, zur Erntezeit, genügend Probleme bereiten. Sein Hof steht voll von zu behandelnden „Patienten“. Auch Menschen wie der Mechaniker Emilio sind Helden, die das immer wieder strauchelnde Griechenland am Leben erhalten.