Neue Schnellstraße soll die letzten unberührten Wälder durchschneiden: „um die Schönheit des Landes zu zeigen“

Beginn eines merkwürdigen Bauprojetes durch Mavrovouni und Pilion

Die letzten Jahre berichtete ich über eine schönen, verwunschenen Feldweg, der unterhalb des Ortes Sklithro durch Berghänge und Felsen entlang der Küste bis zum Ort Keramidi in den Pilion führt. Ein holperiger unbefestigter Feldweg, der an wenigen Häusern, kleinen Olivenhainen und einem verlassenen Bergwerk entlang führt. Am Ende des Weges liegt das Bergdorf Keramidi, das seinerseits eine gute Straßenanbindung in die thessalische Ebene bei Kanalia und weiternach Volos oder Larissa verfügt.

Keramidi selbst ist ein hübsches, verschlafenes Nest, malerisch in den Bergen gelegen, darunter am Meer befindet sich eine kleinen Badebucht, Kamari genannt, drei Häuser, ein Strandcafe.

Dieser Anblick gehört bald der Vergangenheit an: weiße Quarzsansteinfelsen in den Bewaldeten Berghängen zwischen Keramidi und Skiti im Nordteil des Pilion. Bald wird hier eine Schnellstraße die Landschaft durchschneiden

Von Keramidi aus führt dann noch eine etwa 15 Kilometer lange, einfache Straße zum nächsten Ort , Veneto genannt. Auch hier leben in den Sommermonaten vielleicht 100 Menschen, in den Wintermonaten kaum jemand.

Ein kleiner Reisebericht von 2018 – zwischen Mavrovouni und dem Pilion

Halbinsel Pilion (unten/mitte) und Bergland Mavrovouni (oben)

Sieht man sich die Gegend auf der Karte an, so stellt man fest, dass die stark von Tourismus frequentierte Halbinsel Pilion jedoch eine Sackgasse darstellt. Bis heute ist sie eigentlich nur von Volos aus erschlossen, am Ort Zagora enden die Verkehrsverbindungen. Besonders im Sommer und Herbst schlängeln sich horrende Autokolonnen von Volos kommend in die Bergdörfer des Pilion, verpesten die Luft und verursachen einen höllischen Lärm. Die Folge für die einst einmal romantischen Bergdörfer mit ihren bis in die 1980er Jahre nicht gut erhaltenen Steinarchitektur des 18. und 19. Jahrhunderts: sie wurden mit einer Vielzahl von Neubauten in Form von Hotels überzogen, protzigen Privathäusern (errichtet aus Beton, verkleidet mit Natursteinen und kitschigen Accessoires, die sie („traditionell“ aussehen lassen sollen), eine Skipiste ergießt sich vom höchsten Ort Chania in die Wälder hinab, Andenkenläden und Cafes säumen die sich hinauf schlängelnde Straße, auf der sich Reisebusse in die einst naturbelassene Landschaft hinaufwälzen.

Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehört: Ziegenherde auf dem Feldweg Weg zwischen Sklithro (Mavrovouni) und Keramidi (Pilion)

Etwas zum Pilion gab es hier schon einmal zu lesen:

Sieht man sich die Luftbildkarte weiter an, so bemerkt man, dass die Berggegend des Pilion, und vor allem die von Mavrovouni, nahezu durchweg dunkelgrün ist. Es sind Wälder, eine der letzten geschlossenen Laubwaldgebiete Mittelgriechenlands. In der Karte findet man eine blaue Linie. Das ist die von „Google-Maps“ vorgeschlagene Fahrt auf den Pilon, alle Orte am Hang der bewaldeten Halbinsel werden nur von Volos aus erschlossen. Dann sieht man auf der Karte oben an der Küste eine Rote Linie. Dort hat gerade der Bau einer gewaltigen Schneise durch den Wald begonnen. Hier soll in den nächsten Jahren schon eine breit ausgebaute Schnellstraße durch die Wälder führen – versehen mit hohen Stütz- und Begrenzungsmauern, Rastplätzen, Tankstellen und Brücken und autobahnähnlich ausgebauten Anschlussstellen. Auch angrenzende Feldwege sollen asphaltiert und ausgebaut werden. Jahrhunderte alte Baume und Vergetationsräume werden abgeräumt.

Noch mehr Autoverkehr wird sich auf den Pilion ergießen, noch mehr Beton in den einst noch malerischen Ofrten vergossen, Siedlungen werden zu Hotelburgen, ehemals allenfalls forstlich oder landwirtschaftlich genutzte Grundstücke werden zu Bauland: die Begehrlichkeiten sind enorm. Bisher waren der Pilion und Mavrovouni kaum von Waldbränden betroffen: man darf hoffen, dass das nur daran liegt, dass hier an den Nordosthängen der Berge bislang verhältnismäßig viel Regen fiel. Straßen durch unberührte NAtur verboinden nicht nur Ortschaften miteinander, sie sind Magneten für weitere Zersiedelung. Man darf nur hoffen, dass sich nicht das Schlimmste bewahrheitet. Griechenland könnte eines seiner letzten Naturräume an Wirtschaft und Tourismus verlieren.

Die Bauarbeiten haben bereits in diesem Sommer auf den ersten Kilometern zwischen begonnen. Das, was man bereits erkennen kann, lässt die Ausmaße erahnen.

Die folgenden Aufnahmen entstanden in der ersten Septemberwoche 2021. Das erste Teilstück der neuen Straße verläuft genau dort, wo zwei bis drei Jahre vorher die Bilder aus der obigen Galerie auf dieser Seite entstanden.

-einfügen Bilder Straßenbau-

Träger der Baumaßnahmen ist die Regionalregierung der beiden thessalischen Präfekturen Larissa und Magnesia. Man erhofft sich mit dem Projekt, die Region für den Tourismus weiter zu erschließen, um dabei die besondere Schönheit der Landschaft zu zeigen (sic!). „Der Hauptzweck dieser (touristischen) Reiserouten besteht darin, die natürliche und vom Menschen geschaffene Umwelt hervorzuheben „. Quelle: elektronisches Nachrichtenblatt e-thessalia.gr)

Genehmigt und im Bau befindlich ist jetzt das erste Teilstück mit einer Länge von 12,1 Kilometer zwischen Rakopotamos/Sklithro und Keramidi/Kamari. Die Kosten für dieses erste Teilstück belaufen sich auf ca. 15 Millionen Euro. Die Fortsetzung ist in Planung, nämlich von dort weiter durch den nahezu unbewohnten Teil des Pilion bis Zagora, Gesamtlange etwa 43 km.

Berichte über die Gegend hatte ich bereits in den vergangen Jahren im Blog beschrieben:

Ein Reisebericht von 2017 – holprige Wege nach Keramidi