Die Hochebene von Lassithi – Agrotourismus im Schreberkrater

Die Hochebene von Lassithi ist eine geologische Besonderheit. Auch wenn man an ihrem Rand stehend den Eindruck haben mag, die von einem hohen Ring von Bergen umschlossene, rundovale Ebene könnte durch einen Meteoriteneinschlag entstanden, oder vulkanischen Ursprungs sein, so täuscht das. Es handelt sich um einen Kessel, der in langen geologischen Zeiträumen ohne Abfluss war. Die fruchtbare Ebene zwischen den Bergen ergab sich durch Geröll- und Sedimentablagerungen, die das in großen Mengen von den Kalksteinbergen abfließende Wasser mit sich brachte. Auch heute noch entwässert sich die Gegend vornehmlich durch Karsthöhlen im Untergrund. Mehrfach in der Geschichte waren diese Abflüsse verstopft, so dass das Land im Sumpf und Hochwasser unterging. Seit der Jungsteinzeit ist die für Landwirtschaft attraktive Gegend besiedelt, wenn auch immer wieder mit erheblichen Unterbrechungen, als in regenreichen Jahren die eintretenden Hochwässer die Ernten vernichteten, wie dies aus venetianischer und osmanischer Zeit mehrfach berichtet wurde.

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Apfelbäume, Windmühlen: am Eingang der Lassithi-Hochebene

Starke Erosion, die wohl auch durch intensive Abholzungen der umliegenden Gebirgshänge begünstigt wurde, sorgte dafür, dass der Geländeboden in historischer Zeit um mehrere Meter anwuchs – verbunden mit dem Vorteil, dass immer wieder neuer phosphathaltiger Mineralboden der Landwirtschaft zur Verfügung stand. Heutzutage ist der unregelmäßige Wasserhaushalt technisch reguliert, sowohl durch Kanalsysteme, die den Wasserüberfluss in Speicherbecken abführen, als auch durch ein Pumpensystem, das zu Trockenzeiten das in Kavernen versickerte Wasser wieder aus der Tiefe hervorholt – teils aus über 15 Meter tiefen Pumpenschächten. Im Mittelalter wurde dies vorwiegend von handbetriebenen Ziehbrunnen bewerkstelligt. In den
1920-er Jahren kamen unzählige kleine Windmühlen auf, die auf schmiedeeisernen Ständern ruhend, das Wasser mittels der fast ständig zur Verfügung stehenden Windkraft emporhoben. Mit einem Kolbenhub von ca. 100 Millilitern war die Leistung zwar spärlich, für einen Kubikmeter Wasser mussten sich die kleinen segeltuchbespannten Flügelräder 10.000 mal drehen. Aber die Menge machte es, es gibt Bilder aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, die die Ebene mit einer Unmenge an kleinen, weißen Windrädern zeigen. Heute sind diese Räder größtenteils durch Elektropumpen ausgetauscht, zu einem großen Teil verfallen, teils auch abtransportiert, und als Touristengarnitur an unmöglichen und sinnlosen Stellen wieder aufgebaut. Einige wenige sind aber noch in Betrieb, und erfüllen ihre Funktion in der Landwirtschaft, die auch noch immer die Haupteinnahmequelle der hier auf 800 bis 900 Metern Höhe lebenden Menschen darstellt. Der Tourismus führt, bis auf wenige Ausnahmen (Psychros-Höhle) ein Schattendasein.

Es empfiehlt sich daher, bei Ankunft sich rechtzeitig nach einer geeigneten Unterkunft umzusehen. Beschaulich aber extrem rustikal ist der Ort Agios Georgios, das Hotel Maria befindet sich mitten im Dorf, die Wirtsleute sind etwas unbeholfen, dafür wird man aber morgens von Treckergeräuschen, gackernden Hühner und einem schreienden Hahn geweckt. Es gibt dann noch oberhalb des Ortes eine schicki-micki-Hotelanlage, die aus merkwürdig steril anmutenden Bungalows am Hang besteht, und einem „Eco-Park“, der nach reichlich EU-Förderung aussieht, mit ein paar eingepferchten Tieren griechischen Mittelstandskindern Natur vermitteln soll, und ihren Müttern Gelegenheit bietet, die Kunst des Töpferns und anderer Handarbeiten zu erlernen, während die Väter in Gruppen auf „Safari“ in kleinen Minijeeps in die Landschaft entlassen werden. Wirklich empfehlen kann man eigentlich nur den Hauptort der Lassithi- Ebene, Tsermiado. Es ist ein vollkommen normaler Siedlung, mit Struktur.  Unaufgeregt, kein „Yes-Please“, schwarzgekleidete Omas sitzende vor den Hauseingängen, Jugendliche  basteln an ihren  Motorrädern herum, unter den Autos verhuschen sich wunderschöne Katzen.

Tsermiado, Straßenbild

Tsermiado, Straßenbild

Und hier unsere Empfehlung: Xenonas Argoulias (www.argoulias.gr), etwas oberhalb am Ortsrand gelegen.  Hier gibt es sehr geschmackvolle, traditionell eingerichtete und geräumige  „Studios“, die zudem noch ausgesprochen preisgünstig (45,- €/Nacht mit Frühstück) angeboten werden. Der Blick von der ausladenden Schlafzimmerterrasse über den von der Abendsonne beschiedenen Ort und die grüne Ebene mit ihren grauen Bergen dahinter ist traumhaft schön.

Und was macht man dann hier oben? OK, man kann sich ins Bett legen, bei geöffnetem Fenster die Höhenluft genießen, den aus dem Dorf leise heraufklingenden Alltagsklängen lauschen.

Oder eine Fahrt rund um die ca. 20 Dörfer unternehmen, die den großen Gemüsegarten der Ebene wie eine Ring umschließen. Schon die Venetianer hatten es untersagt, die fruchtbare (aber auch überschwemmungsgefährdete) Ebene zu bebauen, und daran hält man sich aus ökonomischen Gründen bis heute.

Bei Marmaketo ist gerade die Tomatenernte in vollem Gange.

Tomatenernte

Tomatenernte

Die beiden Wsserreservoirs, die aus der Ferne mit ihrem blauen, kristallklaren Wasser zum Baden einladen, erscheinen aus der Nähe als  drahtzaunumwehrte technische Anlagen.

Wasserreservoir auf der Lassithi-Hochebene

Wasserreservoir auf der Lassithi-Hochebene

Bei Arvakontes kann man Schäfchen zählen…

Arvakontes

Arvakontes

Bei Kaminaki haben sie die wohl größten Paprika zu stehen, irgendwoher müssen sie ja stammen, die man dann im „greek traditional salad“ wiederfindet..

 

Paprikafeld bei Kaminaki

Paprikafeld bei Kaminaki

Bei Magoulas, in den eher trockenen Feldern, passen Menschen auf ihre Schafe auf   und wedeln mit ihren Stöcken, weil sie unbedingt aufs Bild wollen.

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Schafherde bei Magoulas

Und malerisch heben sich die Silouetten der Windmühlenruinen aus den 1920er Jahren gegen den azurblauen Himmel ab.

Windmühlenruinen bei Magoula

Windmühlenruinen bei Magoulas

Bei Psychro konzentriert sich der Tourismus auf die dortigen Höhlen. Derweil bereiten sich die Bewohner des Ortes auf den Winter vor: es wird  Kohl gepflanzt. Beispielsweise für die Lachanodolmades, der griechischen Entsprechung unserer Kohlrouladen.

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Kohlpflanzung bei Psychro. Im Vordergrund: Fenchel (Marathos). Das Wildkraut umsäumt Felder und Straßenränder. Seine grünen Blattfedern sind ein unverzichtbares Würzkraut der kretischen Küche. Im übrigen Griechenland benutzt man es kaum.

Trockener ist es wiederum bei Kato Metochi. Die Schafe ziehen erwartungsvoll hinter dem Agrotiko ihres Herrn hinterher. Er hat Wasser und frisch geschnittenes Grünzeug als Abendmahlzeit mitgebracht.

Kato Metochi

Kato Metochi: bukolische Szene mit Toyota-Pritschenwagen

Wie sehen eigendich die Dörfer hier aus: die meisten etwa so, wie hier, Pinakiano:

Pinak

Pinakiano.

Die Abendsonne sinkt. Letzter Halt, bevor wir wieder von unserer Rundreise zurück sind. Da haben wir den Salat:

Gemüsefelder mit Salat bei Lago

Gemüsefelder mit Salat bei Lagou

Nun sind wir einmal rum, um die Gemüsefelder der Lassithi-Hochebene, dem wahrscheinlich größten Schrebergarten Europas. Dass sich dabei Hunger einstellt, ist selbstverständlich.

Die Mutter des Hotelwirtes ist möglicherweise mit der Empfehlung ihres Sohnes nicht einverstanden.

Die Mutter des Hotelwirtes ist möglicherweise mit der Empfehlung ihres Sohnes nicht einverstanden.

Der Hotelwirt betreibt auch ein Restaurant, empfiehlt aber sein Essen nicht. „Wenn Ihr wirklich vernünftig und typische Speisen der Region haben wollt, geht besser hinunter in den Ort, entweder zum „Kronos“ – oder besser, also, wenn Ihr mehr auf Mesedes und Raki steht, geht zu Manolis. Der Weg ist einfach. Durch den Ort, das seht Ihr von hier oben, hinter dem Haus mit den grünen Fensterläden, am Hotel „Kronos“ vorbei, da kommt erst die Tankstelle, dann ist der auf der rechten Seite. Müsste heute eigentlich auf haben“

(Fortsetzung folgt: Manolis, der beste Koch)