Überfahrt nach Samothraki

Alexandroupoli und Samothraki, 2. September 2016

Der Fährhafen für die die Insel Samothraki ist Alexandroupoli, eine Kleinstadt unweit der Mündung des Evros, nur wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt.  Die Stadt ist ganz nett, hat aber nichts wirklich aufregendes zu bieten, bis auf ein durchaus sehenswertes Museum kirchlicher Kunst, das immerhin eine für griechische Verhältnisse in didaktischer Hinsicht funktionierende Ausstellung bietet. Am Hafen gibt es noch ein Denkmal für die lokalen Helden der Befreiung, wie sie jede griechische Kleinstadt zu bietetn hat. Hier: Das Ehepaar Visvisi, der Vater zog in den Krieg gegen die Türken, starb dabei, die Mutter schickte daraufhin ihre fünf Söhne nach.

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Die Erläuterung gibt es im Text, aber hier meine eigene Interpretation des Heldendenkmals. Er hält die linke Hand auf den Brustkorb, hat sichtlich Schmerzen, die Rechte umfasst den Straßenpolller aus Plaste, den er im Fall umgerissen hat: Herzinfarkt, mit sowas ist nicht zu spaßen! Sie hat deshalb den Krankenwagen gerufen, hier, rechts ran, schnell ! scheint sie zu gestikulieren

Die Fähre Saos II braucht etwa 2 Stunden, was einem merkwürdig vorkommt: Denn schon vom Hafen aus scheint die Insel wie ein Klotz handgreifbar vor dem Hafen zu liegen. Das liegt aber an dem 1600 Meter hohen Bergmassiv Saos, der die Insel beherrscht.

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Samothrake, nach Umrundung des Saos

Während der Überfahrt rückt der graue Inselklumpen nur langsam näher, und bietet genug Anlass zur Frage, was denn nun ausgerechnet an dieser Insel so besonders besuchenswert sein soll, zumal das Original der „Niki von Samothraki“, einer bekannten hellenistischen Skulptur, schon lange im Louvre in Paris weilt.

Erst kurz vor der Landung der Fähre auf der Rückseite des Felsklotzes taucht etwas flaches und sogar stellenweise grünes Land auf. Die Anlandung inm kleienn Hafenort Kamariotissa gestaltet sich jedoch schwierig. Mit an Bord war ein Bus mit betagten Naturfreunden aus Kavalla. Der Bus sprang nicht an, weil, wie der Fahrer erklärte, ein „Relais kaputt“ war. (Wenn etwas Elektrisches nicht funktioniert, ist überall auf der Welt die Erklärung, ein „Relais“ sei kaputt, meistens zutreffend, nichtssagend, klingt aber um so bedeutungsvoller: selbst im Raumschiff Enterprise war das beizeiten so). Da die Fahrzeuge packedicht auf die Fähre jongliert worden sind, konnte etwa eine Stunde lang kein Fahrzeug das Schiff verlassen. Neben dem Bus stand ein LKW, der musste warten, bis eine tonnenschwere Kühltruhe und hunderte von Transportkisten verschoben waren, andere Fahrzeuge mussten stehen bleiben, weil, wie der Kapitän erklärte, sonst das Schiff zu kentern drohte. „Alles Idioten hier, in diesem Land, diese Scheißregierung, das sind alles Irre“ brüllte ein griechischer Autofahrer, der in vorderster Reihe stand, und dessen Gegengewicht man angeblich brauche. Irgendwann war dann der Weg aber trotzdem frei.

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Es nervt: Kühltruhe muss weg, damit Laster weg kann, damit.. usw.

In der Nachsaison ist die Suche nach Hotelplätzen auf Samothraki kein Problem: das Hotel „Aiolos“ (Wind) liegt am Rand des Hafenortes Kamariotissa, Blick auf Meer, Palmen, blauer Swimmingpool (ohne Wasser allerdings),  kitschiger Sonnenuntergang inclusive. Leer schien der in den 1970er Jahren erbaute  Palast der Winde: viel Marmor, Holz,Geruch nach Chlor. Ob denn Zimmer frei seien, erschien uns als rhetorische Frage. Ja geht, aber man erwarte eine Reisegruppe aus Kavalla, die müsse alllerdings längst da sein..
–>(Reiseempfehlung:, Hotel Aiolos, Kamariotissa, preislich günstig, ausgesucht freundliches Personal, man spricht Deutsch)

Fußläufig erreicht man den Uferweg von Kamariotisssa, wenige Tavernen, in denen aber das volle Leben blüht. Da, wo wir uns niederlassen, umringt von einer Apostelschar bunter Katzen, platzt dann noch eine Verlobungsfeiergesellschaft rein, alles kein Problem, Tsipuro, Msedes, Fisch – es passt.  Auf dem Rückweg ins Hotel verpassen wir einen Weg, klettern blind in der Dunkelheit über Stacheldrahtzäune, Gestrüpp und Feigenbäume. Erst tags drauf lesen wir, dass Samothraki ein Reservat für seltene und giftige Schlangen ist. Überhaupt ist Samothraki die untypischste aller griechischen Inseln: Hier gibt es keinen Massentourismus, keine Kellner, die Fremde mit „Yes-Please“ anwanzen, keine Souveniershops, nix dergleichen. Nur Natur und ein bisschen Kultur. Die sehen wir uns morgen an.