Ausflüge durch das Ossa-Gebirge.

Es muss nicht immer die gut ausgebauten, halbneue Straße von Agia nach Agiokampos sein, oder die etwas ältere, die auch von Agia nach Agiokampus, an Skiti vorbei, die Thessalische Ebenen mit der Ostküste, die heute den Namen „Paralies Larrisaion“, Strände des Bezirks Larissa, tragen, verbindet. Es gibt weit aus mehr, auch den Einheimischen unbekannte Schleichwege durch die Berge, solche, die einst die Bauern der hoch gelegenen, aber sicheren Dörfer in den Höhen des Ossa wählten, um an den Kampos, also an die an der Küste gelegenen Felder und Marschländer, zu gelangen. Diese Wege gibt es immer noch, teils sind sie durchaus als mit robusten Autos befahrbare Schotterpisten ausgelegt.

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Blick aus der Ebene zwischen Agia und Dimitra, hinauf in die Berge des Osssa, wohin unsere Reise geht

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Ganz am Horizont im Osten die Ägäis, sonst ist alles grün. Aussicht von der Höhe bei Melivia.

Sie zu befahren, erfordert etwas Mut, und nach Möglichkeit ein Fahrzeug, das Kratzer ab kann, wo gelegentliches Aufsetzen kein grundsätzliches Problem darstellt oder gar  ängstliche Werkstattbesuche zur Folge hat. Benzin sollte man dabei haben, Wasser nach Möglichkeit auch. Zwar sind die Strecken, die ich hier vorschlage, relativ kurz, aber erfordern ihre Zeit, und wenn man dann doch liegenbleiben sollte, ist Hilfe stundenlang weit weg. Handyempfang ist nicht überall in den Tiefen Wäldern von Mavrovouni und  im Ossa garantiert.  Darf ich zu einem kleinen Abendausflug von Agiokamos, entlang der Strände, nach Paliouria, einladen? An diesem langweiligen Strandort biege ich allerdings plötzlich scharf nach links ab, wir folgen einem kleinen Bachlauf unter Platanen, und befinden uns auf einer Schotterpiste. Nein,ich habe mich nicht verfahren. Unter schattigen, eindrucksvollen Platanen folgen wir dem Bach, rechts und links liegen Plastikschläuche, mit denen die Obst- und Kastanienbauern ihre Plantagen bewässern. Noch gibt es eine Lichtleitung, die zeigt: hier gibt es Zivilisation. Nach drei Kilometern sanfter, steiniger Strecken entlang des Baches kommt das vorerst letzte, einsame Häußchen in einer Kastanienpflanzung, das ältere Ehepaar sieht erstaunt zu, wie wir mit unserer Schrottkarre den Weg weiter nach oben in die Wildnis fortsetzen. Jetzt wird der Weg schlechter, und die Ohren beginnen zu knacken – es geht aufwärts. Tiefe Täler, sattes Grün und beginnende Herbstfärbung, die bei den Platanen und Ahornen beginnt,  zeigen, dass es hier schnell mal trocken wird. Nur in der Ferne hört man mal eine landwirtschaftliche Maschine, vielleicht eine Wasserpumpe, rumpeln, sonst ist es still. 09-05-palimeli-dromo3Dabei ist die Strecke ein Anfängerweg. Gerade erst hat man frischen Schotter über die immer von den Herbst-und Winterunwettern überspülten, freigelegten Felsbrocken geschüttet und planiert. Der Ausblick: Manchmal sieht man das Meer.

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Unterwegs nach Melivia.

Sonst aber eigentlich nur: lichten Wald, eine grüne Hölle, verhältnismäßig enge Täler zwischen den in kurzer Frequenz aufwellenden Hügeln. Nach etwa einer halbe Stunde  kommen Abzweigungen. Ein verrostetes Schild verweist auf eine Einrichtung der Telekom, wahrscheinlich einen Funkmast. Besser also dem Gefühl folgen, und ungefähr in Richtung der schon tiefstehenden Sonne westlich weiter fahren.  Die Abzweigungen werden mehr, und die gelegentlich entgegenkommenden „Agrotika“ (landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge der Kleinbauern, meistens uralte, verbeulte Pickups von Toyota) zeigen, dass wir hier schon wieder langsam in die Periferie einer menschlichen Siedlung eintreten.  Hier werden Äpfel, Äpfel, nochmals Äpfel und Kastanien angebaut. Wir befinden uns schon in erklecklicher Höhe über dem Meer, dessen Blick die grünen Höllenberge manchmal gestatten.  Wir rumpeln noch etwas weiter über die Piste, als dann erreichen wir den  Ort Melivia (die Alten sagen „Athanati“, wie aufmerksame Leser wissen).  In Melivia sitzen alte Leute auf der Plateia, Pickups stehen am Straßenrand. Jetzt, da Apfelernte ist, wird hier viel Albanisch gesprochen, die junbgen Männer ducken sich weg, wenn man den Platz fotografiert.

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Auf der Plateia von Melivia

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Melivia.

Hier könnten wir einen Tsipouro in eine der zahlreichen Tavernen zwischen den Opas einnehmen, es beginnt aber zu dämmern, und im Herbst wird es in Griechenland schnell und schlagartig dunkel. Also nehmen wir die jetzt befestigte Straße herab Richtung Agia, wieder durch Platanenwälder, wo man schon das Licht einschalten muß. Unten in Agia, das wir durch viele Apfel- und Kastanienplantagen erreichen, dämmert es schon. Der richtige Zeitpunkt, um durch die belebten Straßen zu schlendern, um dann einen Tsipuro mit Mesedes einzunehmen. Das wäre nur ein Tourvorschlag, für den Anfang.

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Abends in Agia

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Irgendwo zwischen unterwegs zwischen Paliuria, hinauf nach Melivia.

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Die Schotterpiste, die oberhalb von Melissochori hinauf führt.

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Irgendwo im Wald. Endlich ein Wegweiser.

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Jede Menge Holz : Abfahrt nach Karitza.

Wer noch nicht nicht genug hat, dem sei am nächsten Tag eine Fahrt empfohlen, die nur etwas länger dauert, aber schwieriger, und ob der Einsamkeit gefährlicher ist. Ausgangspunkt könnte beispielsweise wieder Agia sein, von vo wir die Auffahrt nach Metaxochori nehmen. Die dortige Platia lassen wir liegen, mag auch ihr Angebot noch so verlockend sein, denn wir fahren weiter hinauf nach Melissochori (auch Platia, auch super Tsipuro und Mesedes, aber lassen wir auch liegen). Oberhalb des Dorfes beginnt dann wieder so ein „Chomatodromos“, also ein Erd- und Schotterweg. Den könnte man weiter „bequem“ den Hang entlang weiter nach Anatoli (Selitsani) nehmen, wo es die berühmten Pilze gibt. Wir biegen aber nach ein paar Kilometern  an einer Wegekreuzung rechts ab. „Karitsa“ steht da drauf, 26 Kilometer. Das klingt wenig, aber es braucht zwei Stunden Abenteuerfahrt, wenn man da hin will. Oder länger, denn weitere Hinweisschilder gibts nicht, und der Möglichkeiten, sich in dem Dickicht aus nicht erkennbaren Wegen zu verfahren, gibt es viele. Zunehmend wird es dämmrig,  denn die Gegend liegt an der Ostseite des Ossamassives, und der Wald aus hohen Buchen steht hoch und dicht. Zuweilen wird es schon richtig dunkel, etwas Panik kommt auf, denn hier oben gibt es keinen Handyempfang, und das GPS istr auch tot. Wenigstens führt der Weg endlich wieder abwärts. Holzstapel liegen zur Abfuhr bereit, auch kommt man an einer Art Zelt aus zerlumpten Planen vorbei, neben denen Holzrückmaultiere weiden. Hier übernachten die Waldarbeiter. Die Zivilisation ist also noch weit, möchte man meinen, doch dann kommen wir an einem alten Schild vorbei. Es sind tatsächlich noch 12 Kilometer bis Karitsa, es ist gerade einmal etwas über die Hälfte des Weges geschafft. Die Schotterpiste wird aber besser: es tauchen Wasserleitungsschläuche auf, es gibt wieder Kastanienbäume und irgendwann erscheinen auch Telegrafenleitungen, die sich noch deutlich gegen den dunkelblauen Abendhimmel abheben. In tiefer Dämmerung erreichen wir endlich Karitsa, ein Dorf mit einer ausgefallen netten Platia, auf der es Tsipuro und Mesedes gibt, und von wo  man den Blick über das langsam in Dunkelheit versinkende, sicher noch 400 meter tiefer liegenden Meer schweifen lassen kann.

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Blick auf die Ebene von Larissa, von der Strasse nach Anatoli aus gesehen.

Eine richtig klasse Abenteuertour aber, für Leute, die noch höher hinaus wollen, könnte man (fast) bis zum Gipfel des Ossa machen.

Dazu fährt man ab Agia an Anatoli vorbei (ca. 800 Höhenmeter), und kurz bevor man das Kloster Johannes des Täufers erreicht, muss man auf ein kleines, gelbes Schild achten, das auf die „Korifi Kissavou“ (Gipfel des Kissavos) weist. Über die holprige Steinpiste schraubt man sich durch größtenteils verkarstetes Gelände hinauf, verschiedene Wacholderarten stehen in der von Ziegen kahlgefressenen Landschaft. Der Blick ringsum, in die thessalische Ebene im Westen,  zum Pilion über Mavrovouni im Süden, die Ägäis im Westen – überwältigend. Man fährt einfach weiter, bis es nicht mehr geht, oder die Angst, liegenzubleiben, zu groß wird. Den Gipfel des immer näher rückenden Kissavaos haben wir übrigens bisher nie erreicht. Irgendwann mal – vielleicht nächstes Jahr. Vielleicht ist es ja dort oben ja auch so langweilig wie auf dem Brocken.

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Man sollte auf Schildkröten achten, die manchmal etwas unbesonnen die Piste queren.

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Blick auf das Ossa-Massiv, gesehen von Mavrouvouni in Richtung Westen.