Inselhüpfen: über Levkada auf Kephalonia. Ankunft in Argostoli

11.09.2013

Levkada nimmt unter den Ionischen Inseln eine gewisse Ausnahmestellung ein. Sie liegt derart nahe am Festland, dass man sie heute über einen wenige Kilometer langen Damm, der die lagunenartig flache Meerenge führt, erreichen kann. Nur eine kleine Schiffbrücke trennt die Insel alle paar Stunden vom Festland ab, um kleinere und größere Boote hindurch zu lassen.

Die enge Lage am Festland führte auch dazu, dass Levkada wie das übrige griechische Festland lange Zeit unter osmanischer Besetzung stand, allerdings mit kurzen Unterbrechungen. Alle übrigen ionischen Inseln standen dagegen seit dem 13.Jahrhundert – mit kurzen Ausnahmen im 19.Jhdt – bis 1864 unter venezianischer, dann italienischer Herrschaft.

An der venezianischen Festung „Santa Maura“ steht die Ampel auf rot. Das Brückenschiff fährt die Klappen hoch, wendet. Segeljachten durchfahren den freigegebenen Kanal, nach einer viertel Stunde dreht sich die Schiffbrücke wieder zurück, und gibt den Weg für die lange aufgestaute Autoschlange Richtung Hauptstadt der Insel frei. Sie trägt – wie viele griechische Inselhauptstädte –  keinen eigenen Namen, sondern den der Insel. Der Ort Levkas gilt als von seiner Architektur als „eher osmanisch“ geprägt, was man jedoch nur mit Einschränkung so sagen kann. Die noch erhaltenen alten Wohnhäuser stammen vorwiegend dem 19.Jahrhundert, es waren einst „nach osmanischer Art“ mit Holz verkleidete Fachwerkbauten.

Wellblechromantik in Levkada

Heute ist das Holz fast ausnahmslos durch farbig lackiertes Wellblech ersetzt- diese praktische, industrielle  Errungenschaft der Mitte des 20. Jahrhunderts es bestimmt heute die Straßenzüge von Levkada. Dekorative Elemente in neoklassizistischem Stil wurden bei der Wellblechaktion, die wohl im Zuge des Wiederaufbaus der Stadt nach dem verheerenden Erdbeben 1953 stattfand, glücklicherweise häufig belassen, so dass sich das Material aus einer gewissen Entfernung „wegguckt“.

Eisernes Campanile; errichtet nach dem beben von 1953

Sowohl Levkada als auch Kephalonia verloren bei dem Erdbeben 1953 fast alle Steinbauten, und damit einen Großteil der Kulturgüter. Die Wunden, die diese Naturkatastrophe riß, konnten nie geschlossen werden. Bei näherem Hinsehen sind sie allgegenwärtig. Kirchenfassaden, manchmal auch freistehende Campaniles in einer Art „italienischem Barock“ verleihen der Stadt – wie auch den Ortschaften der Insel Levkada (und auch Kephalonia) ein italienisches Flair. Bei näherem Hinsehen sind es Fassaden aus Gußbeton, die nur entfernt etwas mit den untergegangenen Originalen zu tun haben.

Im Ort Levkada selbst haben nach dem Beben nicht nur Wellblechvertreter gewirkt, sondern auch Eisenschmiede. Viele Kirchtürme Levkadas wurden – zunächst offenbar provisorisch – durch teils kunstvoll gefertigte Eisengerüste ersetzt. Einige von ihnen haben mittlerweile selber Denkmalwert.

 

Der Hafen von Levkada wird hauptsächlich von Freizeitskippern belegt.

Levkada selbst ist heute ein lebendiges Städtchen, das neben romantischen Gäßschen auch über eine belebte Fußgängerzone, einen ziemlich großen Freizeithafen für Segler und eine ausgedehnte Uferpromenade verfügt. Sehenswert ist das archäologische Museum, das im städtischen Kulturzentrumskomplex am Ende der Promenade untergebracht ist.

Auf vier Räumen wird thematisch – anhand von Originalen und sehr gelungenen Rekonstruktionen  die prähistorische Archäologie bis hin zur klassischen Antike erläutert. Das Museum beherbergt unter anderem Teile der Sammlung des berühmten deutschen Archäologen Willhelm Dörpfeld, nach dem auch eine der großen Strassen im Zentrum Levkadas benannt ist („Derpfeld Gulielmo“). Dörpfeld, langjähriger Direktor des Athener Deutschen Archäologischen Institutes,  lebte hier lange Zeit bis zu seinem Tode 1940 hier in Levkada. Ein Leben lang verfolgte ihn eine fixe Idee: hier das Ithaka der homerischen Odyssee zu finden. Vergeblich.

Vom Hauptort im Norden der Insel braucht man eine knappe Stunde bis zu dem „auch ganz netten“ Ort Wassiliki, der ein beliebter Anlaufort für mehr oder weniger zu Wohlstand gelangte Touristen aus dem Balkan, aber auch äußerst betuchten Yachtbesitzern geworden ist. Die Anlegestelle für die Autofähre nach Kephalonia findet man erst nach einigem Suchen, etwas entlegen an der langen Strand- und Uferpromenade.

Wassiliki

Zwei verwaiste Bürocontainer nennen die Abfahrtzeiten, gegen 17.00 h soll die Fähre abfahren – doch niemand ist da, der Fahrscheine verkaufen könnte. An der Scheibe kleben ein paar Telefonnummern, die Anrufe dorthin laufen ins Leere. Erst nach mehrfachen Nachfragen bei Ortskundigen werden wir an ein Reisebüro verwiesen, dort erhalten wir Fahrscheine und bekommen versichert, dass die Fähre tatsächlich komme. Dem ist auch so. Das für den kleinen Ort recht mächtige Fährschiff „Käpten Aristidis“ legt denn auch an, und nimmt uns mit.

Kephalonia ist schon kurz nach der Abfahrt von Wassiliki deutlich auszumachen, links daneben türmen sich die Berge von Ithaka auf. Nach einer Stunde Fahrzeit landen wir an der Nordspitze von Kephalonia, im Hafenort Fiskardo. Der allerdings sehr kleine Ort soll einer der Wenigen sein, die vom Erdbeben halbwegs verschont wurde – wir lassen ihn liegen, denn unser Ziel ist die größte Stadt der Insel, Argostoli.

Auf dem Weg von Fiskardo nach Argostoli durchfährt man einige Postkartenbilder.

 

Irgendwo zwischen Fiskardo und Argostoli.

Der Weg dorthin dauert wieder eine Stunde, immer wieder taucht tief unterhalb der Steilküste, an der entlang die schmale Strasse führt, das Meer auf.  In der Tat erscheint die Insel „italienisch“ geprägt, wenn man das klassische Italienklischee mit Zypressenbewachsenen Hängen, offener Landschaft und hellockerfarbenen Steinhäusern bedient  (derer im Norden der Insel tatsächlich noch wenige erhalten sind. Über den Ortschaften herrschen „italienisch-barocke“ Kirchen, mit Campanile und Zwiebelturm, selbstverständlich aus Stahlbeton.

Argostoli liegt an einer einer länglichen Bucht auf einer Halbinsel. Bei annähernd 9000 Einwohnern ist man von dem geradezu großstädtischem Flair des Ortes überrascht.

Ankunft in der Abenddämmerung in Argostoli.

Die Innenstadt hat eine weitläufige „Platia“, einem zentralen Platz, der von öffentlichen Verwaltungsgebäuden und repräsentativen Hotels gesäumt wird. Neben der Fußgängerzone, die von der Platia abgeht, findet das Leben auch unten, an der Uferpromenade statt. Hier gibt es Markthallen, in denen Obst, Fisch und andere Lebensmittel feilgeboten werden, Werkstätten und Läden aller Art, gute Restaurants, Hotels und vieles mehr. Am Kai verhandeln Fischer mit Hausfrauen über den Preis ihrer Fische, die sie direkt vom Boot aus verkaufen. An keinem Ort in Kephalonia kann man gehobene, ionisch-griechische Küche besser genießen als in Argostoli. Zu empfehlen: Restaurant Ampelaki (www.ampelaki.gr), das mit hervorragenden Gerichten weit jenseits des an allen Orten mehrsprachig angepriesenem „greek food“ aufwartet. Die Ionische Küche unterscheidet sich von der Festlandsküche durch eine tatsächlich italienisch anmutende Art der Zubereitung, Pastagerichte, um die man sonst in Griechenland besser einen weiten Bogen macht, sind hier sehr zu empfehlen. Aber auch hervorragende Schmorfleischgerichte – die hier – ganz anders als auf dem Festland  mit mild gewürzten Soßen serviert werden, bei denen häufig Wein Träger des Geschmacks ist.

Da wird es dann auch schon einmal raffiniert, etwa, wenn Weinblätter mit Schafskäse und Eiern und Minze gefüllt werden, und die dann wiederum in eine Lammkeule gesteckt, mehrere Stunden im Ofen mit Wein und Zwiebel geschmort werden.

Wem nach Fischgerichten ist, dem sei die – nicht einfach zu findende – Taverne „Vinaries“ am nördlichen Ortsausgang zu empfehlen. Sie findet sich in Verlängerung der Küstenpromenade, fast schon an der Nordspitze der Halbinsel Argostoli, in einem kleinen Kiefernwäldchen am Wasser. Die etwas schlicht gehaltene Taverne besticht neben ihren stilvollen Mesedes, Tsipouro und lokalem Wein mit bestem, fangfrischem Fisch (Λάσση, Αργοστόλι, Κεφαλονιά 28100).

–         wird fortgesetzt –


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