Parga-Metsovo-Kalambaka-Larissa. Der geo-biographische Höhepunkt der Reise.

Larissa, den 27-August 2012.

Am späten Vormittag brechen wir von Parga auf, um die Heimreise Richtung Larissa anzutreten, wo wir abends zu einer kleinen Feier verabredet sind. Der Weg führt uns an Joannina vorbei zunächst hinauf nach Metsovo. Die Stadt liegt mitten im Pindos-Gebirge auf knapp 1200 Höhenmetern.

Parga. Oben, vom Kastell aus, wirkt die von Touristen überquellende Kleinstadt durchaus ansehnlich. Wir verlassen sie jetzt – durch das Gebirge in Richtung Larisssa.

 


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Blick von Dorfplatz Metsovo in die alpine Landschaft. Es ist in Griechenland selten möglich, solche Bilder ohne Telegrafen- und Stromkabel zu fotografieren. Sie gehören einfach ins Landschaftsbild. Kann man natürlich alles mit „Fotoshop“ rausmachen, aber dann haben viele Leute in Metsovo keinen Strom mehr, auch nicht die Kunstgalerie, die das Gebäude auf der linken Seite beherbergt.

Die Stadt, die bis heute überwiegend von der arumänisch („vlachisch“) sprechenden Bevölkerung Griechenlands besiedelt ist, liegt an einem ehemals strategisch bedeutenden Katara-Pass. Bedeutung hat die Stadt heute zum einen wegen der berühmten Käsesorten. Die Stadt ist Sitz mehrerer Molkereien, die ihren Rohstoff vor allem von den Kuhherden beziehen, die in großer Zahl in den umgebenden Wäldern und auf den Hochgebirgswiesen weiden.

Alpenkühe vor Stadtlandschaft: Metsovo.

 

 

Das alpine Landschaftsbild der Umgebung von Metsovo mit dem Kuhglocklengeklimper erinnert eher an die Tiroler Alpen, so dass man sich kaum vorstellen mag, dass in diesem Ort, der im Winter regelmäßig durch gewaltige Schneemassen von der Außenwelt abgeschnitten ist, einen hervorragenden Wein produziert. Evangelos Averoff, einer der Mitglieder einer alten Familiendynastie des Ortes, brachte den Qualitätswein „Katogi Averoff“ hervor, der zu den berühmtesten Weinkellereien Griechenlands gezählt wird. Es ist ein Verschnitt aus dem lokal angebauten Cabernet Sauvignon und der griechischen Rebsorte „Aghioritikos“.

Doch der Weinbau war nur eines seiner vielen Hobbys:  Averoff publizierte wissenschaftliche Arbeiten über die Wirtschaftsgeschichte des Balkans, und engagierte sich zu einer Zeit, da dies ausgesprochen unpopulär war, für das Anligen der vlachisch sprechenden Minderheiten in Griechenland, deren Angehöriger er selber war.  Averoff verfasste Dramen und literarische Prosa. 1974, nach Ende der Diktatur in Griechenland, trat Averoff der konservativen Partei Nea Dimokratoa bei. Er legte eine steile  Karriere hin, war 1974 bis 1981 Verteidigungsminister Griechenlands. 1981 wurde er Vorsitzender seiner Partei, das Amt gab er 1984, mittlerweile 75jährig, aus Altersgründen ab.

Die wohlhabende metsovitische Familie Averoff hat noch andere bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht, einer ihrer ersten bekannten Vertreter war der  erfolgreiche Geschäftsmann Georgios Averoff (geb. 1818),  der mit seinem vorwoiegend in Kairo verdientem Reichtum in Athen als Kulturmäzen auftrat und als erste Sponor der Olympischen Spiele der Neuzeit in die Geschichte einging: Die olympischen Spiele Athen 1896 hätten beinahe nicht stattfinden können, weil dem griechischen Staat das Geld für die Fertigstellung des Stadions fehlte. Averoff sprang persönlich mit privatem Geld in die Bresche.

Dass Metsovo heute überwiegend ND wählt, liegt auch daran, dass die Averoffs den Aufstieg des Ortes sowohl politisch als auch finaziell massiv beförderten. Es gibt mehrere Averoff- Museen, Strassen und Plätze. Durchaus sehenswert ist die Averoff- Pinakothek, die eine einzigartige, qualitätvolle Gemäldesammlung des 19. und 20. Jahrhunderts zu ihrem Kernstück hat.  Während viele sowohl staatliche als auch private Kunstmuseen in Griechenland leider selten mehr sind als zweifelhafte Ansammlungen drittklassiger Malerei mit einem unübersehbaren Hang zum Kitsch, bietet die beschauliche Averoff-Sammlung einen durchaus repräsentativen Querschnitt europäischer Kunstgeschichte im Spiegel griechischer Kunstschaffender.

Der sterbende Atheist: Nikolaos Alektoras malte dieses schwülstige Bild im letzten Drittel des 19.Jahrhunderts. Was mich als gerade mal 50-Jährigen daran so berührt, wissen die Götter.

Leider bedient der aufwändig gepflegte Ort Mezovo sonst wenig Sehenswürdigkeiten. Es gibt kaum ein Bauwerk, das älter ist als vielleicht 20 Jahre, auch wenn man sich bemüht, diese mit viel Blendfassaden aus Bruchstein irgendwie „traditionell“ erscheinen zu lassen.  Die Läden quellen über von mundgebissenem Edelnippes, und die Unarten der „Yes-please“-Gastronomie haben sich auch hier erfolgreich etabliert.

Oberhalb von Metsovo. Im Winter ist hier Ski und Rodeln gut.

Bei der Weiterfahrt über den Pass zeugen Skihütten und hohe Markierungsstangen entlang der Strasse davon, wie hoch hier, mitten in Griechenland, im Winter der Schnee liegen kann. Wie schnell führt die Strasse des 27. August nun wieder talwärts:  Nach den verkrüppelten Fichten und Tannen säumen erst Kiefern, dann Buchen und Eichen den Weg. Die ersten Maronenbäume und Platanen tauchen auf, dann die ersten Feigen. Unten, kurz vor Kalambaka, am Rande der drückend heißen thessalischen Ebene, zeugen Olivenbäume davon, dass die mediterrane Welt wieder in Ordnung ist. Die Spuren des Waldbrandes, wegen dessen wir auf dem Hinweg die große Umleitung fahren mussten, wirken glücklicherweise wenig dramatisch. Es ist verhältnismäßig wenig Fläche zerstört worden. Einige der größeren Bäume haben das Feuer, das vorwiegend im Unterholz wütete, möglicherweise überlebt, andere, deren Rinde zu tief verkohlt wurde, wohl nicht. Sie werden vielleicht eine Wiederauferstehung durch Stockausschläge erfahren.

Wenige Tage nach dem Brand: die Auferstehung der Natur ist dennoch gewiß.

 

Eine Handelsniederlassung vor den Bergen von Kalambaka.

Nach einer weiteren Stunde Fahrt sind wir in Larissa, es weht ein merkwürdiger, heißer Wind, der Himmel ist gelb vor Staub, doch das erlösenden Gewitter kommt nicht. Dafür ist die Feier im Kreise der Freunde von ausgesuchter Heiterkeit, die Krise in kaum einem Wort erwähnt, obwohl jeder sein Kreuz daran zu tragen hat. Hier endet der chronologische Reisebericht – es folgen aber später noch einige Randbemerkungen allgemeiner Art.

 

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