Entlang der Küstenstraße Aghiokampos-Piniosdelta-Rapsani: Zum Wein an die Hänge des Olymp (1. 9. 2013)

Von Aghiokampos führt die Küstenstraße zunächst etwa 15 Kilometer an Strand- und Ferienorten entlang. Im Sommer sind die langen Kiesstrände gut besucht, Ferienhäuser , Bars und Nippesläden reihen sich locker aneinander, wo Kellner in der Hochsaison mit voll beladenen Tabletts in halsbrecherischen Aktionen die stark befahrene Straße kreuzen, um Badegäste am Strand mit Erfrischungen zu versorgen. Jetzt, in der Nachsaison, ist es ruhiger geworden, die herrenlosen Hunde haben wieder von Strasse und Strand Besitz genommen. Bei dem beschaulichen Ort Kokkino Nero biegt der Weg in die Berge ab, man folgt der Strasse nun durch dichte Wälder oberhalb der jetzt felsig gewordenen Küste, bis, kurz vor Stomio, sich ein überraschend neues Bild ergibt:

Blick auf das Pinios-Delta und das in der Ferne liegende Olymp-Massiv.

Tief unten breitet sich eine grün bestandene Ebene aus, in der Ferne dahinter tauchen Berge auf, deren Spitze von dichten Wolken eingehüllt sind: Das Massiv des Olymp, der mit seinen über 2900 Meter hohen Spitzen die höchste Erhebung Griechenlands ist. Doch der Götterberg ist so groß und gleichfalls noch so weit entfernt, dass er in seiner nebelhaften Erscheinung noch wie eine optische Täuschung wirkt. Die Ebene davor ist das Delta des Flusses Pinios. Zwischen Olymp und dem Berg Ossa, an dessen Fuß die Strasse nach Stomio hinabführt, hat der Pinios, von Larissa aus kommend, sich eine tiefe Schlucht, das Tempi-Tal, gegraben, bevor er seinen fruchtbaren Schlamm in seinem Schwemmfächer an der Meeresküste ablagerte. Hinter Stomio fahren wir durch eine rechterseits geradezu niederländisch flach anmutende Landschaft, linkerseits bauen sich bewaldete Berghänge auf.

Plantagen am Fuße des Ossagebirges bei Stomio.

Silberblau klettern hier die Olivenenhaine hinauf, bis sie in den nebelverhangenen Zonen des Ossagebirges verschwinden.

Unter Kiwilauben bei Stomio.

Kiwiplantagen, Wein, Eßkastanien und Gemüsegärten zeigen ein besonders günstiges Mikroklima an. Rechterhand weiden gelbbraune Kühe auf den flachen Wiesen mit Pappel- und Maulbeerbäumen, so, als hätten flämische Maler des 17. Jahrhunderts sie arrangiert.  An die fünf Kilometer fahren wir durch eine teils schilfige Wiesenlandschaft, dann geraten wir unversehens in einen Wald riesiger Platanen, zwischen deren dicken Stämmen das türkisgrüne Wasser des Pinios hindurchleuchtet. Die Ufer sind mit violett blühendem Blutweiderich bestanden.

Am Pinios-Delta

 

Blick in den Ausgang der Tempi-Schlucht mit dem Fluß Pinios.

Dies ist genau die Stelle, wo der Fluß die enge Tempi-Schlucht verlässt und die letzten paar Kilometer in seinem Delta noch ein paar langsame Ehrenrunden dreht, bevor er sich ganz unspektakulär am Strand ins Meer verdrückt. Leider ist der unter Naturschutz stehende Auenwald komplett vermüllt. Da die Autobahnbrücke Athen-Larissa-Thessaloniki hier über die Schlucht führt, nutzen viele Fahrer den beschaulichen Ort zum Picknick, nicht ohne ihre Hinterlassenschaften im Wald an Ort und Stelle liegen zu lassen.

Diese Flußlandschaft wurde Ihnen präsentiert von: Liedl.

Archäologen hätten an der Untersuchung des abgelagerten Zivilsationsmülls ihre helle Freude. Neben Plastiktüten der Billigkette „Lidl“, die auch in Griechenland einen wichtigen Part bei der Versorgung der Bevölkerung eingenommen hat, teilen Ölkanister, Wasserflaschen, albanische und bulgarische Zeitungen neben griechischen Supermarktfaltblättern, Pappbechern und Unmengen Klopapier das beschauliche Ambiente.

Vollkommenes Pan=Orama / oder wohlaufgezeichnete Umsicht / des Flusses Penios / nebst der Strassenbrücke nach Thessalonica und der angrenzenden Wälder/ so sich dem Reisenden bey dem Tempi-Thale zu Thessalien präsentiert.

Kurz nachdem man die Autobahnbrücke Richtung Thessaloniki überquert hat, findet man einen Wegweiser nach links, der in das Olympmassiv Richtung Rapsani weist. Rapsani liegt etwa 15 Kilometer entfernt in einer bergigen, mit Weinreben bestandenen Landschaft hoch oben am Hang.

Da, wo wir von der Nationalstrasse links nach Rapsani abbiegen, haben an der Hauptstrecke Athen-Larissa-Thessaloniki die führenden Modelleisenbahnhersteller Faller, Kibri und Fleischmann den passenden Bahnhof errichtet. Jedes Detail stimmt, sogar die heimelig anmutende Laterne.
Das Olymp-Massiv, das wir alsbald besuchen, läßt sich im Maßstab 1:2000 bequem aus Styroporabfällen errichten.

Der auf etwa 500 Höhenmetern gelegene Ort gilt als einer der besten Weinbaugegenden des Festlandes. Bevorzugt wird die spezifisch einheimische, sehr alte rote Rebsorte Xinomavros angebaut, die zusammen mit den nur in Rapsani vorkommenden Gewächsen Stavroto und Krassato in Mischkultur gezogen wird und zusammen gekeltert wird.

Die Xinomavros-Traube.

Die sehr kräftigen, gerb,- farbstoff- und säurehaltigen Weine werden international gehandelt, insbesondere die Kellerei Tsantali hat diese Weine auch in den mittelpreisigen Regale deutscher Supermärkte platziert. Neben Rotwein wird auch noch der Weißwein „Thessalikos“ und ein – zumindest meiner Erfahrung nach – eher wenig schmackhafter Rose produziert.

Auf der Platia von Rapsani.

Von der „Platia“, dem Dorfplatz von Rapsani, hat man einen schönen Ausblick auf den Gipfel des Ossa/Kissavos, das Meer und das Pinios-Delta. Mehrere Weinhandlungen sind in dem Ort verteilt.

Ausblick von Rapsani auf das Ossa-Gebirge und das Pinios-Delta.

In einem eher kleineren Lädchen, das vor allem dadurch besticht, dass der Ladeninhaber, ein älterer Opa, seine Geschäftsausstattung seit den späten 1960er Jahren nicht mehr verändert hat, wollen wir Wein einkaufen. Ob wir erst einmal probieren wollen, fragt der alte Herr uns. Er füllt uns aus seinen 5-Liter-Schläuchen (a 15 € !) Gläschen ab, das Ergebnis ist interessant bis geradezu niederschmetternd. Aus Höflichkeit erwerben wir dann doch lieber zwei Flaschen zu je 8 €, die er offensichtlich nicht selbst produziert hat, deren Verkostung zu Hause verläuft dafür dann nicht so enttäuschend. Vermutlich erzeugt die Lage in Rapsani auch Spitzenweine, aber das würde sicher professionellere Recherche erfordern. Schade, denn die Verkostung der am Wegesrand stibitzten, hocharomatischen Xinomavro-Trauben mit ihrem leichten Muskatellergeschmack hatte mehr versprochen.

 

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